Der Kampf um die Veröffentlichung

Qualitativ hochwertige wissenschaftliche Arbeit spiegelt sich wider in einer umfangreichen Veröffentlichungsliste, anhand derer sich unabhängige Gutachter, der Vorgesetzte oder Personalleiter einer Firma, bei der man sich bewirbt, ein objektives Bild von der Qualifikation des Assistenten machen können.
So stellt man sich das immer vor.
In Wirklichkeit versucht jeder Uni-Assistent lediglich, seine Veröffentlichungsliste mit allen möglichen Tricks so lang und eindrucksvoll wie möglich zu machen. Dabei ist alles erlaubt, außer erwischt zu werden. Es folgen wertvolle Hinweise und Tricks, wie dies am leichtesten und mit dem geringsten Aufwand zu bewerkstelligen ist. Was alles als Veröffentlichung gelten kann (geordnet nach steigendem Aufwand):
Projektberichte, interne Berichte, Vorlesungsskripten. Diese Schriften muß man sowieso irgendwann mal verfassen, also bietet es sich an, sie auch gleich in die Veröffentlichungsliste aufzunehmen. Da sie ja in Wirklichkeit nie richtig veröffentlicht werden, schreibt man in den bibliographischen Angaben entweder 'in print' oder 'to appear' oder 'internal report'.
Web-Seiten. In letzter Zeit bürgert es sich immer mehr ein, daß auch Web-Seiten als Veröffentlichung zählen. Das bietet dem geschickten Assistenten eine Unmenge an Einträgen in der Veröffentlichungsliste. Achten Sie auf englische und wissenschaftlich klingende Titel!
Beitrag zu einer wissenschaftlichen Konferenz. Der einfachste Weg, um zu einer Veröffentlichung zu kommen. Die meisten Konferenzen lechzen nach (zahlenden) Teilnehmern, weshalb der Review-Prozeß eher lax ist. Man kann den Aufwand noch verringern, wenn man ein Poster statt einem Vortrag hält oder ganz einfach nur als Co-Autor geführt wird. Wichtig: nur an Konferenzen teilnehmen, bei denen die Beiträge auch wirklich veröffentlicht werden. Wenn man ganz großes Glück hat, findet der Veranstalter sogar einen Verlag, der später Teile der Konferenzbeiträge in Buchform veröffentlicht.
Eigenes Fachbuch. Sehr hoher Prestigewert. Kann möglicherweise leichter sein als ein Beitrag zu einer Zeitschrift, weil der Review-Prozeß meistens harmloser verläuft. Besonders empfiehlt sich die Veröffentlichung der Doktor- oder Diplomarbeit - die man ja sowieso schon hat - bei einem der zahlreichen Miniverlage, die so etwas ohne weiteres Review für eine bescheidene Gebühr erledigen.
Beiträge zu wissenschaftlichen Zeitschriften oder Sammelbänden. Mit das Schlimmste, worauf man sich einlassen kann. Unter Umständen arbeitet man an einem einzigen Zeitschriftenbeitrag über zwei Jahre!
Der sogenannte Autoren-Multiplier:
Vorausgesetzt man hat kooperative Kollegen, kann man leicht die Anzahl seiner Veröffentlichungen pro Jahr um ein Vielfaches steigern, indem man bei jeder Veröffentlichung alle seine Kollegen großzügig als Co-Autoren mit aufnimmt. Im Gegenzuge verpflichten sich die Kollegen das Gleiche bei ihren Veröffentlichungen zu tun. Diese Technik ist besonders bei den amerikanischen Kollegen sehr beliebt, weshalb man dort kaum eine Veröffentlichung mit weniger als drei Autoren findet.
Die sogenannte akademische Zerstückelungs-Taktik:
Hat man tatsächlich im Laufe seiner Hochschul-Karriere ein wissenschaftlich relevantes Ergebnis erzielt, sollte man nicht sofort alles in einem übersichtlichen Artikel zusammenfassen und einreichen, sondern lieber der akademische Zerstückelungs-Taktik folgen. Heutzutage bestehen wissenschaftliche Ergebnisse im Allgemeinen nicht mehr aus einfachen Naturgesetzen oder simplen Befunden. Daher bietet es sich an, ein wissenschaftliches Ergebnis in möglichst viele kleinere Ergebnisse zu zerlegen, die letztlich alle auf das relevante Thema hinführen, und diese jeweils in einer eigenen Veröffentlichung zu beschreiben. Nach dieser Taktik erwischt man gleich zwei Fliegen mit einem Streich: Erstens hat man automatisch mehr Veröffentlichungen, und zweitens kann man in jeder nachfolgenden Veröffentlichung die vorangegangenen zitieren. Letzteres treibt automatisch den sogenannten 'Citation Index' in die Höhe, eine weitere beliebte Meßlatte akademischer Qualität.

Der Kampf mit der modernen Bürotechnik
Die Einführung moderner Bürotechniken hat - entgegen aller Unkenrufen der Sozio-Libero-Intellektis - zu einem geradezu revolutionären Fortschritt bei der Bewältigung der täglichen Büroarbeit geführt. Wissen ist Macht! Das gilt in ganz besonderen Maße auch für die Beherrschung von kryptisch zu bedienenden Bürogeräten! Und da der erfolgreiche Assistent an nichts mehr interessiert sein sollte, als am Ausbau seiner Machtstellung, folgt daraus logisch, daß er einen erheblichen Teil seiner Arbeitszeit dem Studium sinnloser, komplizierter Software-Pakete, vorzugsweise von Microsoft widmen sollte. Zuerst wollen wir uns aber mit einem nicht mehr ganz so modernen Kommunikationsmedium beschäftigen, von dem wir alle einerseits psychisch abhängig sind und es andererseits so abgrundtief hassen, wie ein Opiumsüchtiger seine Verderben bringende Pfeife: das Faxsimile-Gerät.
Ich frisiere gerade die Ergebnisse der Zwischenprüfung, damit die Punkteverteilung exakt einer Gaußglocke gleicht, als das Telefon läutet. Ich sitze außer Reichweite, also überdenke ich zuerst gründlich, ob es sich lohnt aufzustehen und abzuheben.
Wahrscheinlich nicht.
Nach meiner privaten Statistik bedeutet ein läutendes Telefon in den seltensten Fällen etwas Gutes. Genauer gesagt, handelt es sich in 93% aller Fälle um Jemanden, der irgendetwas von einem will. 5% haben sich verwählt, 1.93% wollen nur wissen, ob man noch lebt und bei der Arbeit ist, und nur läppische 0.07% sind WIRKLICH gute Nachrichten - Lottogewinne zum Beispiel.
Extrapoliert man diese Statistik, führt das zur zwingenden Schlußfolgerung, daß es sich nur jedes Tausendvierhundertzwanzigstemal WIRKLICH lohnt, ans Telefon zu gehen. Wissenschaft ist doch etwas Wundervolles, nicht?
Es bleibt nur noch das Problem herauszufinden, wann die statistischen Ausreißer passieren, wann man also WIRKLICH 'rangehen sollte. Bis jetzt konnte ich keinerlei Korrelationen feststellen. Leider.
Inzwischen hat der Anrufer aufgegeben und die schwierige Entscheidung hat sich erledigt.
Fünf Minuten später läutet es wieder. Ich stehe seufzend auf und hebe ab.
"Hallo",
sage ich.
Niemand antwortet. Das habe ich gern! Ich will gerade auflegen, als ein kreischendes Quietschen mein Trommelfell zerreißt. Ein Faxgerät! Schon wieder!
Ich lege den Hörer auf den Tisch und renne rüber ins Sekretariat. Die Sekretärinnen sind, wie üblich, nicht da. Ich reiße die Stecker des Faxgeräts heraus - dabei werden zwar alle gespeicherten Daten gelöscht, aber ist es vielleicht meine Schuld, daß wir so ein veraltetes Gerät haben? - und renne mit dem Gerät unterm Arm zurück in mein Büro. Dort tausche ich rasch mein Telefon gegen das Fax und warte gespannt. Seit ein paar Wochen schon terrorisiert irgendjemand den B.A.f.H. mit sinnlosen periodischen Faxanrufen. Wahrscheinlich hat der hirnlose Typ sein Faxgerät mit falschen Nummern gefüttert und ist zu blöd zu merken, daß sich das Fax nicht senden läßt. Und sein ebenso blödes Faxgerät versucht es alle fünf Minuten aufs Neue - bis ich vor Wut die Wände hochgehe.
Jetzt! Es läutet wieder. Mein Fax spuckt das erste Blatt aus. Oben in der Kopfzeile ist die Faxnummer des Absenders angegeben. Perfekt! Ich besorge mir vier Stück dunkelblaues Tonpapier und klebe sie zu einem langen Band zusammen. Dann füttere ich das dunkle Papierband in mein Fax und wähle die Faxnummer des Hirnlosen. Als das Papier auf der anderen Seite herauskommt, klebe ich es mit Tesaband am Ende fest, so daß eine geschlossene Schleife entsteht. Dann hole ich mir einen Kaffee, setze mich gemütlich hin und beobachte zufrieden, wie nach und nach mehrere Kilometer schwarzes Papier übertragen werden. Das wird ihnen eine Lehre sein!
Abgesehen von der korrekten Benutzung moderner Büromittel stellt die Beschaffung zunehmend komplexer Geräte ein nicht mehr zu vernachlässigendes Problem dar. Der gewiefte Akademiker überläßt solche wichtigen Investitionen nicht einfach der Institutssekretärin, sondern stützt sich auf die Expertise des einschlägigen Fachhändlers.
"Also",
sage ich mit gefurchter Stirne und nehme ein paar Unterlagen zur Hand,
"Sie sind Herr Muxeneder von der Firma 'Superfax' und haben Ihr neustes Modell 'SMM 1313' hier mitgebracht ..."
Der vierschrötige Mann im Salz-und-Pfeffer-Anzug nickt finster und wirft einen giftigen Blick auf seinen Nebenmann.
"... und Sie",
wende ich mich an diesen,
"sind Herr Redenexum von der Firma 'Gigafax' und haben ebenfalls Ihr neuestes und bestes Modell mitgebracht, das ... äh, Moment ... 'AIE 9907' ..."
"Ganz recht"
bestätigt der lange schlaksige Vertreter und sein prominenter Adamsapfel hüpft. Dann schaltet er sein geschultes Verkäuferlächeln eine Stufe höher auf 'Osram 15' und legt seine rechte Hand zärtlich auf das Vorführgerät, das vor mir aufgebaut ist.
"Gut",
sage ich.
"Wie Sie beide wissen, möchte der LEERstuhl ein neues Faxgerät für das Sekretariat erwerben, und ich wurde mit der Beschaffung beauftragt."
Das stimmt zwar überhaupt nicht - Frau Bezelmann würde sich niemals ins Zeug reden lassen, wenn es um Neuanschaffungen geht - aber mir ist langweilig, und ich habe es gern, wenn Leute in meinem Büro streiten.
"Es versteht sich von selbst",
fahre ich fort,
"daß wir als technisch orientiertes Institut nur das beste und teuerste erwerben werden, was es zur Zeit auf dem Markt gibt. Um die langweilige Sache etwas zu beleben, habe ich Sie beide gleichzeitig zu einer Demonstration hierher gebeten."
Beide Vertreter holen tief Luft und setzen zum Sprechen an, aber ich hebe rechtzeitig den Zeigefinger.
"Moment noch! Ich glaube, wir können den ganzen üblichen Standardschmarrn getrost überspringen. Ich glaube Ihnen unbesehen, daß Ihre Geräte Faxe senden und empfangen können, daß sie Faxe im voraus speichern und empfangen können, wenn kein Papier mehr da ist. Da die Modelle ihrer Firmen sich sowieso weitgehend ähnlich sind - auch äußerlich - möchte ich Sie beide bitten, mir die wirklich außergewöhnlichen Features zu zeigen. Sie müssen mich überzeugen, daß Ihr Gerät beim selben Preis einfach mehr zu bieten hat, als die Konkurrenz. Ich schlage vor wir fangen bei Ihnen an."
Ich deute auf Herrn Muxeneder.
"Unser SMM 1313",
hebt dieser salbungsvoll an,
"SMM steht übrigens für 'Simple Minded Model' und soll die einfache Bedienbarkeit unterstreichen - unser Modell kann 32 Nummern direkt und 99 Nummern indirekt anwählen ..."
Sein Konkurrent schnaubt verächtlich:
"Das AIE 9907 hat sogar 999 Speicherstellen, die BELIEBIG auf Direktwahl, Zielwahl oder andere Makrofunktionen programmiert werden können. Außerdem hat es eine 'Artificial Intelligenz Energy' Funktion. Das heißt, es merkt SELBSTTÄTIG, wann es am günstigsten Strom sparen kann ..."
Herr Muxeneder gibt einen kurzen Lacher von sich:
"Dafür muß man dann fast 44 Sekunden lang warten, bis das Ding aus seiner 'Artificial Intelligence Energy'-Starre wieder erwacht! Unser Modell dagegen hat einen integrierten Annäherungssensor, der sofort eine 'Turbo-Warm-Up-Phase' einleitet, sobald jemand nur den Raum betritt ..."
"Und dafür muß man sich dann den ganzen Tag das infernalische Quietschen Ihres Geräts anhören",
kontert Redenexum.
"Na, ich danke!"
Muxeneder ist beleidigt und schaltet sein SMM 1313 ein, um uns zu beweisen, daß es 'sanft wie ein Kätzchen schnurrt'. Während das Ding sich hartnäckig weigert, hochzufahren, fährt Redenexum fort, mir die Vorzüge seiner AIE anzupreisen:
"... hat eine Menu-geführte Bedienung über das integrierte LCD-Display, ist voll netzfähig, kann mit allen gängigen Rechnern kommunizieren ..."
Ich deute auf einen alten schnaufenden 286 in der Ecke, den ich normalerweise nur dazu verwende, meinen Kaffee warm zu halten, und sage:
"Na, dann mal los! Drucken Sie von dem aus mal ein Dokument."
Redenexum betrachtet sorgenvoll den Haufen Schrott und beginnt in seiner Aktentasche nach passenden Kabeln zu kramen.
Inzwischen hat Muxeneder seinen Fax-Boliden endlich zum Leben erwecken können, und das Ding schnurrt tatsächlich - allerdings wie ein ausgewachsener sibirischer Tiger, den man 4 Wochen nicht gefüttert hat.
"Das sind nur die Lager am Anfang",
versichert mir Muxeneder mit blauem Augenaufschlag,
"die schleifen sich bald ein. Sehen Sie hier: alle Funktionen können über 6-stellige Codes direkt gesteuert werden, so daß Sie sich nicht immer durch hundert Menu-Ebenen quälen müssen wie bei dem Modell meines ... äh ... Kollegen ..."
Der 'Kollege', der gerade unter dem Tisch feststeckt und verzweifelt den Druckerport sucht, schnaubt verächtlich. Vielleicht sollte ich ihm sagen, daß mein Kaffeewarmhalter keinen Druckerport hat, weil ich die parallele Schnittstelle schon vor Jahren für die Steuerung unserer ISDN-Anlage mißbraucht hatte.
Ungerührt fährt Muxeneder fort:
"Und hier ein ganz besonderes Feature: Wenn Sie hier drücken ..."
Das Gerät gibt noch ein schwaches Rülpsen von sich und alle Lämpchen erlöschen.
"Wwwwas ist den jetzt schon wieder los?"
stottert Muxeneder. Das 'schon wieder' ist ihm einfach so rausgerutscht. Der gute Mann kann noch nicht sehr lange im Geschäft sein ...
"Sehr beeindruckend",
sage ich so sarkastisch wie möglich.
"War das jetzt die 'Super-Turbo-Stromsparschaltung'?"
Muxeneder beschnüffelt verzweifelt sein SMM 1313 von allen Seiten. Dann entdeckt er, daß die Netzleitung nicht mehr in der Dose ist. Mit einem Aufschrei stürzt er sich auf Redenexum, der gerade ächzend unter dem Tisch hervorkommt:
"Sie!!! So etwas Unfaires ist mir ja noch nie untergekommen! Der Kerl hat mein SMM 1313 sabotiert!!!"
Das stimmt nicht ganz. Genau genommen war ich es mit einem praktisch unsichtbaren Nylonfaden, den ich vorher in die Steckdose placiert hatte. Der empörte Muxeneder ist knallrot im Gesicht und schüttelt seinen Konkurrenten heftig an den Aufschlägen. Dieser versucht verzweifelt, sein Gleichgewicht wiederzufinden und hält sich ausgerechnet an seinem eigenen AIE 9907 fest. Dabei gerät er auf eine Tastenkombination, die irgendwelche sadistischen Entwicklungsingenieure eingebaut haben, damit sie auch mal was zu lachen haben, und das Gerät fängt an, im Turbobetrieb seinen gesamten Toner auszustoßen. Ich flüchte mich auf den Gang und beobachte aus sicherer Entfernung die weitere Entwicklung. Immerhin bringt der umher dampfende Toner sofort die Handgreiflichkeiten zum Stillstand. Es gibt nichts Schlimmeres für einen Vertreter als einen Fleck auf der Micky-Mouse-Seidenkravatte - es sei denn zwei Flecken.
Ich schicke Frau Bezelmann mit den Staubsauger vor, und ein paar Minuten später ist mein Büro wieder zu betreten.
"Meine Herren",
sage ich, nachdem die Ordnung einigermaßen wiederhergestellt ist,
"so kommen wir doch nicht weiter. Wenn Sie mich zum Kauf überzeugen wollen, müssen mir schon ein paar Features zeigen, die wirklich außergewöhnlich sind für ein Faxgerät ..."
Redenexum sagt schnaufend:
"Unser AIE 9907 hat alle marktüblichen Funktionen, darüber hinaus ist es voll programmierbar, sogar sämtliche akustischen Signale sind frei wählbar, vom einfachen Beep bis hin zu den ersten 8 Takten von Beethovens Fünfter ..."
Muxeneder lacht hämisch:
"Daran sieht man sofort, wie veraltet Ihr Gerät schon wieder ist. Unser SMM 1313 hat 346 Ever-Greens fest gespeichert, per Potpourri-Funktion wird bei jeden erfolgreich gesendeten Fax ein Schlager ausgewählt und in HiFi-Qualität über die zwei integrierten Sound-Systeme wiedergegeben ..."
"Ja, olle Kamellen, die schon in der Steinzeit auf den Hitlisten waren",
zischt Redenexum böse.
"Dafür hat unser Gerät die Option, über das Internet die neuesten Techno-Hits herunterzuladen, alternativ kann es auch die neuesten Witze im Netz aufspüren und vorlesen, zum Beispiel die neuesten Clinton-Witze. Kennen Sie zum Beispiel den schon ..."
"Unser Gerät kann dafür eine Haushaltsübersicht führen",
kreischt Muxeneder mit verzerrtem Gesicht dazwischen,
"Hilfe bei ärztlichen Notfällen geben und Horoskope stellen ..."
"... wobei sich die Prognosen jeden zweiten Monat wiederholen, weil man bei Ihrem Gerät an Speicher gespart hat",
ergänzt Redenexum genüßlich.
"Das Problem hat unser AIE nicht, weil es serienmäßig mit einem 6,3 GB Plattenlaufwerk kommt. Sämtliche Werke Shakespeares, die Bibel und alle Jahrgänge der größten deutschen Tageszeitungen bis 1963 sind darin gespeichert ..."
"Dafür muß man erst ein 7,4 cm dickes Manual studieren, bevor man auch nur an einen Artikel davon kommt",
zischt Muxeneder böse.
"Mein Gerät hier dagegen hat die pädagogischen und dialektischen Fähigkeiten eines durchschnittlichen deutschen Hochschul-Professors gespeichert ..."
"Wobei das nicht viel heißen muß!"
giftet Redenexum.
"... und ist nicht nur in der Lage, in allen Funktionen des Geräts zu unterweisen, sondern kann auch Vorträge über Psychiatrie, angewandte forensische Medizin und hyperboräische Flaxen-Philosophie abhalten ..."
Redenexum faucht böse und gibt seinem Konkurrenten einen Stoß vor die Brust, so daß dieser an die Wand zurücktaumelt. Dann packt er mich links und recht an meinen Schultern und brüllt mir ins Gesicht:
"Und wer, frage ich Sie, interessiert sich schon für hyperboräische Flaxen-Philosophie?! Unnötiger Schmarrn! Unser AIE 9907 kann dagegen Babies sitten und Telefonanrufe abwimmeln. Das sind praktische Eigenschaften! Die Anrufer merken nicht mal, daß sie von einer Maschine abgewimmelt werden, weil das SMM ... Schmarrn! ... das AIE Ihre Stimme perfekt simulieren kann."
Muxeneder, der sich immer noch von Boden aufrappelt, brüllt wütend dazwischen:
"Im nächsten Upgrade unseres SMM, das übrigens im Preis schon enthalten ist, wird eine vollständige Ausgabe aller StarTrek-Episoden in 24 Sprachen mit Kreuz-Indexierung gespeichert sein. Die Wiedergabe erfolgt entweder über das eingebaute 17 Zoll LCD-Display oder über einen optionalen Breitwand-Beamer ..."
Redenexum bemerkt das gefährliche Zucken in meinen Augenwinkeln, als das Wort StarTrek fällt, und geht sofort zum Gegenangriff über. Mit einem Wutschrei, der einem zentralafrikanischen Blau-Po-Pavian alle Ehre gemacht hätte, stürzt er sich auf Muxeneder und schafft es nach heftigem Gerangel, dessen Arme auf den Rücken zu biegen und ihm seine eigene Micky-Mouse-Kravatte in den Mund zu stopfen.
"Wenn Sie bei mir kaufen",
keucht er,
"bekommen Sie 35% Nachlaß und zwei Freuflüge nach Dom Rep!"
"MmmMmMmMm!"
"Freuflüge oder Freiflüge?"
frage ich.
"Wie Sie wollen! Aber kaufen Sie!"
"MMMMMMMM!"
"Ich weiß nicht ...",
sage ich unschlüssig,
"eigentlich hatte ich mir was ganz anderes vorgestellt. So was mit am besten nur einem Knopf, wissen Sie. Unsere Mitarbeiter sind ja soooo ungeschickt, müssen Sie wissen. Am besten wäre so ein Gerät aus der guten alten Zeit mit einem Knopf, wo senden draufsteht. Wählen kann man ja auch mit dem angeschlossenen Telefon, nicht?"
Beide Vertreter starren mich mit blutunterlaufenen und hervorquellenden Augen an und sagen das erste Mal überhaupt nix.
"Also, ich werd's mir überlegen",
sage ich ermunternd,
"Sie bekommen dann von uns Bescheid ..."
Damit schlendere ich aus meinem Zimmer und schließe diskret die Türe hinter mir. Kurz vorher sehe ich noch daß Redenexum Muxeneder kräftig in den Finger beißt, und dieser mit einem brutalen Tritt vors Schienbein kontert.
Ich sag's ja immer: was täten wir ohne die freie Marktwirtschaft. Diese unverschämten Vertriebsleute würden einen ja glatt über den Tisch ziehen ...