Hallo Leisch!

Es ist Montagmorgen, und ich habe mir eigentlich nach der Installation einer EPS (Enhanced Pizza Enviroment = Food Microwave Generator) in meinem Zimmer eine Tasse schwarzen Tee verdient und geniesse diese gerade, als jemand an meine Tür klopft und, ohne auf die Gnade eines "Herein" von mir zu warten, ein Herr in Anzug und Krawatte eintritt - das ist keiner aus den neuen Provinzen schiesst es mir durch den Kopf - und zu mir sagt:
"Grüss Gott!"
 Ich antworte natürlich als wohlerzogener und hilfsbereiter Mensch sofort mit:
"Das will ich gern tun, wenn ich ihn treffe. Kann ich sonst noch etwas für sie tun?"
Der Herr sieht mich an als käme ich direkt aus der Hölle. Nun ja, er hat es nicht ganz getroffen, aber der Hades liegt schliesslich gleich neben der Hölle, wo ich auch gelegentlich schon zu Besuch war. Übrigends ist Gott noch nie dort gesehen worden, weder im Hades noch in der Hölle. Der Herr macht die Tür schnell zu und entfernt sich eiligen Schrittes, fast als ob der Teufel persönlich hinter ihm her wäre. Ob er wohl in meinem Zimmer eine gewisse Präsens gespürt hat?

Ich nehme gerade wieder einen genussvollen Schluck aus meiner Teetasse, als ein lautes Heulen mir verkündet, dass wir gerade wieder einmal Geselliges Beisammensein spielen. Da dieses Spiel wahrscheinlich nicht an allen deutschen Universitäten bekannt ist, werde ich es kurz erläutern. Es beginnt damit, das ein Mitglied eines Bauarbeitertrupps oder einer Handwerkerbrigade (von beiden Sorten bevölkern hinreichend viele diese Universität) sich an seinen Meister wendet und sagt: "Meister, ich habe hier versehentlich ein paar Kabel mit erwischt. Ist das schlimm?" Die Antwort gibt ihm in der Regel dann nicht der Meister sondern die Sirene, indem sie sagt: "Huuiii ... !"

Nun gibt es drei Arten von Mitarbeitern an dieser Universität:

 * Die Retter in der Not glauben dass wirklich etwas passiert sein könnte und Sie endlich einmal Ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Sie beginnen sofort einen Sprint zur Universitätsfeuerwehr und hoffen, dort der Erste zu sein. Anschliessend sitzen Sie gemeinsam mit Ihren Kollegen im Wagen und hoffen auf einen Einsatzbefehl, der aber meines Wissens noch nie gekommen ist. 

* Die Geselligen gehen unabhängig von Sonnenschein, Regen, Sturm, Hagel oder sonstigen Widerwärtigkeiten des Wetters zum Stellplatz um dort die anderen Kollegen zu treffen, besonders die, welche man sonst eher selten sieht. Man macht einen kleinen Plausch und pflegt die Konversation. 

* Die Unerschrokenen, zu welchen auch ich gehöre. Sie wissen, dass an unserer Universität kein Feuer es wagen würde auszubrechen und sich gegen uns zu stellen. Zu den Unerschrockenen gehört auch unsere Frau Tipp, was mich leider daran hindert, im Sekretariat und im Zimmer unseres Professors endlich einmal einiges zu richten. Nun Ihr versteht schon, was ich meine. 

 Als Elektrotechniker und Systemadministrator weiss ich natürlich, dass bei einem Brand die Elektronergiezufuhr ausfallen kann. Da ich dem Lehrstuhl natürlich Kosten sparen will, gilt es die Akkus der USV's zu schonen und so veranlasse ich das geordnete Herunterfahren unserer Maschinen. Nachdem ich den Serverraum gegen das Betreten Unbefugter abgesichert habe, trinke ich noch den letzten Schluck Tee und verlasse das Gebäude, welches inzwischen wie ausgestorben wirkt. Auf dem Weg nach draussen muss ich an einem öffentlichen Kopierer vorbei. Da fällt mir ein, dass mir doch gestern eine von diesen kleinen Glasrohrsicherungen durchgebrannt ist. Dummerweise kann man die Sicherung des Kopierers nicht entfernen, ohne den Sicherheitsschlüssel für die Fronttür zu besitzen. Schade. Aber oben ist an dem Kopierer zusätzlich eine kleine Magnetkartenleseeinheit angebracht worden. Diese kleinen Magnetkarten aus Pappe kann man bei uns in der Bibliothek kaufen, wo sie voll sind. Am Kopierer wird man dann das Kapital auf der Chipkarte wieder los. Natürlich habe ich mir auch eine solche Chipkarte besorgt und sofort in meinem Magnetkartenlesegerät der Firma ROBOTRON eingelesen und die Daten auf meiner Festplatte abgelegt. Nun kann ich meine Karte jederzeit wieder in den orginalen Zustand bringen. Im Gegensatz zu der Sicherung des Kopierers selbst kommt man an die Sicherung des daran angebrachten Kartenlesegerätes sehr wohl heran. Ich entnehme die Sicherung also. Schliesslich muss ich im Interesse meines Professors sparen, wo es nur geht. Zur Vorsicht nehme ich auch noch die Sicherung des Magnetkartenlesegerätes an dem zweiten Kopierer, an welchem ich vorbei muss, mit. Schliesslich kann man nie wissen, wann man wieder einmal eine benötigt.

Als ich das Haus verlasse, heulen die Sirenen immer noch. Sollen Sie. Ich fahre also zunächst einmal in die Innenstadt, um eine Marktanalyse durchzuführen. Wie ich den Computerladen betrete, sehe ich an der Kasse eine hübsche Kassiererin, deren letzter Urlaub allerdings schon eine Weile her sein muss. Ihre Gesichtsfarbe erscheint mir etwas ungesund. Wahrscheinlich hat Sie eine viel zu kurze Frühstücks- und Mittagspause und muss den ganzen Tag hier drin in diesem Laden sitzen, wo Sie natürlich keinen Strahl Sonne abbekommen kann. Ich schlendere also durch den Laden betrachte dies und jenes und höre plötzlich eine ekelgarstig syntetisierte Stimme sagen: "Microsoft Sidewinder ..." Wo kam das her? Ich gehe der Sache nach und entdecke neben den anderen Joysticks ihn, den Microsoft Sidewinder. Ich bleibe eine Weile stehen und da ist es wieder. Der Joystick bewegt sich von selbst und dazu kommen wieder die Töne aus dem Lautsprecher: "Microsoft Sidewinder ..." Darüber muss ich mich sofort informieren. Und wie es der Zufall will läuft mir auch sofort ein Verkäufer in die Arme. Er spricht mich an und fragt mich mit seinem besten Verkäufergrinsen:
 "Kann ich Ihnen helfen?" 
 Er muss gesehen haben, wie erstaunt und beeindruckt ich bin. Was ich aber nicht ausstehen kann, das ist von Verkäufern angequatscht zu werden. Wenn ich sie benötige, so tue ich Ihnen dies schon kund. Na warte.
"Wie bitte?" schreie ich und neige mein Ohr in seine Richtung.
Er etwas lauter: "Ob ich Ihnen helfen kann." 
 Das reicht noch nicht "Ob ich Ihnen helfen kann? Nein, aber Sie können mir helfen. Ich bin leider etwas schwehrhörig und die Batterien von meinem Hörgerät haben leider gerade schlapp gemacht, müssen sie wissen." 
 Er schaut mich mitleidig und verständnisvoll an.
"Wissen Sie, ich habe da noch ein paar Fragen, zu diesem Joystick, dem Microsoft Sidewinder. Ich komme von der Universität und da arbeiten wir gerade an einem Projekt in welchem es um Spacecontrol with feedback unter besonderer Berücksichtigung amplitudemodulated Gasmolekule geht."
Er schaut mich erfurchtsvoll an.
"Da könnten wir schon ein paar von diesen Steuerknüppeln gebrauchen, aber wie gesagt ich benötige vorher noch einige Informationen."
"Aber sicher, das verstehe ich vollkommen."
"Der Steuerknüppel kann sich also selbst bewegen."
"Ja, das ist um dem Spieler das Gefühl zu geben er sitze wirklich in einem Flugzeug, zum Beispiel."
"Und dann spürt er sozusagen die Vibrationen des Flugzeuges, die sich auf den Steuerknüppel übertragen."
"Ja genau."
"Es handelt sich also um eine mechanisch Rückkopplung."
"Genau so ist das."
"Und diese Rückkopplung wird durch den Computer gesteuert."
"Richtig."
"Und die Programmierschnittstelle ist offengelegt."
"Ja natürlich ist die offengelegt."
"Und finde ich diese Programmierschnittstelle auch im WWW?"
"Ja, die Web-Page steht mit im Handbuch." Wir unterhalten uns in unverminderter Lautstärke und sind deutlich im gesammten Laden zu hören. "Dann ist es also möglich, auch eigene Applikationen zu entwickeln?"
"Aber selbstverständlich." Der Verkäufer hat nun kapiert, dass er mir um das Produkt zu verkaufen mir nur wortreich beipflichten muss. Da sich zur Zeit keine anderen Kunden in unserer Nähe befinden, frage ich Ihn in normaler Lautstärke: "Dann kann man also mit dem Micosoft Sidewinder auch Applikationen für Frauen entwickeln?"
Und er antwortet in unverminderter Lautstärke: "Natürlich kann man mit dem Microsoft Sidewinder auch Applikationen für Frauen entwickeln."
"Sehr schon," sage ich zu Ihm, "da wird sich Frau Professor Dr. Göser aber freuen. Vielen Dank auch für Ihre freundliche Beratung."
Als ich danach den Computerladen verlasse, sieht die Dame an der Kasse schon nicht mehr so bleich aus, sondern hat nun ein frisches Rot auf den Wangen. Auf den Ohren im übrigen auch. 

 Als ich wieder in die Universität komme, ist der falsche Alarm schon eine Weile beendet. Ein Herr fragt mich nach dem Zimmer von einem Dr. Lebarei. Ich antworte ihm wahrheitsgemäss, dass ich dies auch nicht so genau wüsste, aber ich sei sicher, er habe sein Zimmer im 5. Stock. Auch warne ich ihn vor dem ersten Fahrstuhl, an welchen er kommt, denn bei diesem hängen wohl ein paar Relais und so komme es vor, dass er schon in einem anderen Stockwerk ankomme, nur nicht in dem, in dem er ankommen wollte. Er bedankt sich freundlich und nimmt den zweiten Fahrstuhl. Hätte der Herr sich den ersten Fahrstuhl auch nur kurz angschaut, so wäre ihm klar geworden, dass in diesem wohl nur noch sehr wenige Relais im Einsatz sind. Bei dem zweiten Fahrstuhl ist das genau umgekehrt. Bestimmt wird der Herr in irgendeinem Stockwerk den Herrn Dr. Lebarei suchen, bis ihm klar wird, dass er sich im falschen Stockwerk befindet und wohl meinen Angaben nicht hätte blind folgen sollen. 

Vor meinem Zimmer wartet schon eine ganze Menge von Nutzern. Einer wagt es mich zu fragen:
"Wo sind Sie eigentlich gewesen? Und überhaupt, was treiben Sie sich eigentlich in der Gegend herum, wenn die Rechner nicht laufen?"
"Die Rechner werden neuerdings bei Feueralarm zur Sicherheit automatisch heruntergefahren. Ich werde die Gelegenheit jedoch gleich nutzen, um die Permanetmagneten der Antriebsmotoren unserer Festplatten neu aufzumagnetisieren. Ich denke morgen mittag wird dann alles wieder laufen. Sind Sie eigentlich nur wegen dieser Lappalie zu mir gekommen?"
 Es dämmert ihm, dass dies besser nicht so wäre und er sagt, dass er ausserdem noch Geld auf sein Druckkonto einzahlen wollte.
Ich bin also gnädig, nehme sein Geld entgegen und stelle ihm auch eine Quittung darüber aus. Allerdings wird er dafür in /etc/color.print aufgenommen. Er darf sich geehrt fühlen, denn bisher habe ich noch keinen Nutzer in dieser Datei aufgenommen, da ich mit den entsprechenden Modifikationen an den Druckerfiltern erst gestern fertig geworden bin. Für Nutzer in /etc/color.print ist es vollkommen egal, an welchen Drucker sie ihre Druckaufträge senden, alle Aufträge werden an unseren Colorlaserprinter umgeleitet. Die Auslastung dieses Druckers ist wegen des von mir festgelegten Preises von 1,50 DM pro Seite etwas schlecht. Aber ich denke, in Zukunft wird die Auslastung auf dem Colorlaserprinter deutlich besser werden.

Anschliessend muss ich noch einen Abschlussbericht zum Projekt Kriemhild (das ist der Deckname für Automatische Gravitationsreaktion) schreiben. Dank meines unermüdlichen Einsatzes für die Menschheit ist uns eine bahnbrechende Entwicklung gelungen. Alle von uns neu entwickelten Geräte und Anlagen werden in Zukunft mit der bei uns entwickelten automatischen Gravitationsfunktion ausgestattet. Sie sorgt einmal für die Standfestigkeit des Gerätes, als auch für das schnelle Wiederauffinden eines Gerätes, falls es einmal herunterfallen sollte. Dadurch, dass das Gerät auf Grund der automatischen Gravitationsfunktion nur nach unten fallen kann, weiss man ganz genau, wo man suchen muss. Als Ergänzung statten wir unsere Geräte mit den bei uns entwickelten Gravitationsmodulen aus, die unten am Gerät angebracht für einen sicheren Stand sorgen. Durch mathematische Berechnungen sind wir in der Lage, schon bei nur drei Gravitaionsmodulen einen absolut sicheren Stand zu gewährleisten. Natürlich wird keines unserer Geräte mit nur drei Gravitaionsmodulen ausgeliefert, da ja ein jeder weiss, dass der Anwender sein Gerät konfiguriern möchte, denn ein Gerät welche nicht konfiguriert werden muss oder kann, kann ja wohl nichts taugen, da es ja ganz offensichtlich nicht dem Stand der Technik entspricht.

Mit höllischen Grüssen

Bastard Administrator des Hades.

 © Copyright by Jan Fischer 1998