Hallo Leisch!

Du wirst es nicht glauben, aber ich liege hier mit zwei Mäusen auf Hiero in der Sonne. Die eine Maus links neben mir ist zweibeinig, weiblich und sieht echt gut aus, die andere Mouse rechts neben mir ist an die Sonne (Sun) angeschlossen. Hin und wieder klicke ich mich mit ihr ein paar Seiten weiter durch das WWW. Du glaubst gar nicht, wie schwierig es war hier auf Hiero eine anständige Ferienwohnung mit einem 100 Mbit Internetanschluss zu finden. Der Blick auf das Meer und die Palmen am Strand ist einfach Klasse.

Aber ich sollte Dir natürlich zunächst erst einmal berichten, wie es dazu kam. Also es war 8:57 Uhr und ich war schon auf der Zielgeraden zur Universität und wenige Meter von der Einfahrt des Mensaparkplatzes entfernt, da kommt von dort plötzlich so eine Seifenkiste von Fiat Uno. Natürlich ist es für jegliche Brems- und Ausweichmanöver bereits zu spät und da steht auch schon der Fiat Uno 40 cm in meiner Fahrertür. Scheiss Studenten! Ich will schon aussteigen und den Verursacher ordentlich zusammenstauchen, so dass ihm auch klar ist, mit wem er sich hier angelegt hat und dass er in den kommenden 6783 Jahren an Zugang zur Rechentechnik überhaupt nicht denken muss, als ich feststellen muss, dass sich die Fahrertür natürlich nicht mehr öffnen lässt. Nun gut, dann steigen wir eben zur Beifahrertür aus. Ich steige mit meinem rechten Bein über die Mittelkonsole und will gerade das linke nachziehen. Autsch! Warum knirscht das nur so komisch. Das kann doch wohl nicht eingerostet sein? Inzwischen hat sich die Fahrertür des Fiat Uno geöffnet und der Fahrer, so ein langhaariger Typ ist ausgestiegen. Mensch hat der lange Beine. Als Frau hätte der bestimmt gute Chancen. Etwas komisch angezogen ist er. Warum trägt der eigentlich einen Rock? Achso, das ist eine Studentin! Meine Stimmung steigt von -200 auf -100 an. Inzwischen ist die Dame an meinem Wagen angekommen. Sie sieht noch etwas blass aus. An der Tür versucht sie sich gar nicht erst, jedoch will sie mir offenbar irgendetwas sagen. Ein Glück, der elektrische Fensterheber geht noch.
"Das tut mir leid, aber bei den ganzen Autos, die hier am Strassenrand parken, konnte ich wirklich nichts sehen. Ist ihnen etwas passiert?"
"Nein, eigentlich nichts, aber wenn sie versuchen könnten, die Tür aufzubekommen. Zur Beifahrertür habe ich es schon versucht, aber mein linkes Bein gibt so komische Geräusche von sich."
"Ach du grosser Gott, da ist es bestimmt gebrochen. Warten Sie ich rufe einen Krankenwagen."

Im Krankenhaus hat sich dann herausgestellt, dass die Fraktur recht kompliziert war und man sagte mir, dass der Knochen mit ein paar Schrauben wieder zusammengefügt werden müsse. Selbstverständlich bringt mir auf meinen Wunsch hin sofort eine nette Schwester ein Telefon samt einer dazugehörigen Chipkarte an das Bett. Ich rufe sofort die Chefin an:
"Göser."
"Guten Morgen Frau Professor Göser, hier ist Stein, ich kann heute und den Rest der Woche leider nicht kommen."
"Wieso? Da hätten sie Urlaub einreichen müssen. Sie können zur Zeit auf gar keinen Fall Urlaub nehmen."
"Gut, dann nehme ich eben eine Krankheit. Ich habe mir vor 2 Stunden bei einem Verkehrsunfall das Bein gebrochen. Oder hätte ich das vorher einreichen müssen?"
"Oh, das tut mir aber leid. Werden Sie bloss schnell wieder gesund, wer soll sich denn sonst hier am LEERstuhl um die Rechentechnik kümmern."
"Oh, ich glaube, das wird etwas dauern. Der Arzt sprach von einer sehr komplizierten Sache und dass ich eigentlich eine Kur bräuchte, da würde sich der Heilungsprozess erheblich beschleunigen. Aber er sagte auch, dass bei den derzeitigen Kürzungen im Gesundheitswesen überhaupt nicht daran zu denken wäre."
"Hm, ja, das ist aber schlecht. Wo müssten Sie den hin zur Kur?"
"Der Arzt meinte die Malediven wären gut, notfalls täten es aber auch die Kanaren. Ausserdem bräuchte ich eine Begleitperson, weil ich natürlich zunächst Probleme mit dem Laufen habe und mit einem eingegipsten Bein auch nicht Auto fahren kannte. Ausserdem müsste ich noch 40 Kilo Übergewicht bezahlen, da ich meine Workstation gern mitnehmen würde, um die Rechner am LEERstuhl im Auge zu behalten."
"Hm, also wir hätten da noch 12000,- DM von dem PUST-Projekt übrig, also ich könnte Ihnen ..."
"Das würde vollkommen ausreichen, denke ich. Schicken Sie doch bitte den Herrn Vogt bei mir im Krankenhaus vorbei, ich benötige einige Dinge von zu Hause. Dabei kann er dann gleich aus meinem Büro mein Notebook, das Verlängerungskabel, die Mehrfachsteckdose, das Ansteckmikrofon, das Modem und die Lautsprecher mitbringen, damit ich an dem BROESEL-Projekt weiterarbeiten kann."
"Natürlich. Das ist sehr gut! Gute Besserung!"
Nach der Nahrungsaufnahme zur Mittagsstunde und einem ausgiebigen Schönheitsschlaf beginnt die Besuchszeit. Nachdem Ralf die Technik vorbeigebracht hat und meine Liste der benötigten persönlichen Sachen entgegengenommen hat, schlage ich mein Adressbuch auf und überlege wer denn meine Begleitperson sein könnte. Also da wäre Carola, nein die kommt nicht in Frage ... . Und während ich so überlege und die Besucher mit diversen Gaben für die dahin Siechenden kommen und gehen, wie zum Beispiel die junge Dame, die jetzt mit einem riesigen Blumenstrauss und Präsentkorb an das Bett meines Nachbarn getreten ist.

"Hallo, ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen und sehen wie es Ihnen geht." 
 Hatte mein Bettnachbar auch einen Unfall? Hatte er nicht gesagt, dass er wegen einer Appendizitis hier sei? Und warum steht sie mit dem Rücken zu ihm? Ich schaue nach oben. Der Verkehrsunfall. Sie lächelt etwas verlegen. Der Urlaub auf den Kanaren ... Ich Schussel, natürlich die Kur auf den Kanaren hat meine Stimmung wieder auf Normal Null gebracht. Und eigentlich, wenn ich die Dame dort nicht an das Steuer des Mietwagens lasse ... Schlecht sieht sie jedenfalls bei genauerer Betrachtung nicht aus. Die Figur stimmt, das Gesicht drückt trotz Ihrer blonden schon fast als golden zu bezeichnenden Haare Intelligenz aus, dazu tiefblaue Augen. Alles in allem nicht schlecht. Also lasse ich mich auf ein drei Stunden Plauderstündchen ein.

Am übernächsten Tag liege ich mit meinem Gipsbein und den drei neuen Nirostaschrauben in meinem Bett und spiele mit dem Telefon herum. Ich kann telefonieren zu den in Krankenhäusern üblichen horrenten Gebühren, wozu das Telefon aber besagte Chipkarte be- nötigt. Mein Modem hat natürlich keinen Schlitz für diese Chip- karte und ist daher auch nicht in der Lage mit der Aussenwelt sprich der Universität in Kontakt zu treten. Wie komme ich an die E-Mail der Kollegen und an die News? Hm, wenn ich abhebe höre ich immer eine Reihe von Tönen. Ich lasse mir von der Schwester etwas Krankenhaus übliches Klebeband besorgen und befestige mein Ansteckmikrofon an der Hörmuschel. So, nun noch Sax angeworfen, den Gabelkontakt betätigt und die Tonfolge eingesampelt. Leider ist das Ganze für eine Auswertung noch unbrauchbar, da die Störungen zu gross sind. Ich rufe den Kollegen Vogt an und bitte ihn die DTMF-Frequenzen heraus zu suchen. Nach einigen Minuten ruft er zurück und gibt mir die Frequenzen durch. Den Rest des Vormittages verbringe ich damit ein digitales Filter in C zu schreiben, welches genau die DTMF-Frequenzen aus der Aufnahme herausfiltert.
Nach meinem Schönheitsschalf lasse ich am Nachmittag den Filter auf die Aufnahme los und siehe an, es handelt sich um die Nummer meines Telefonkontos hier im Krankenhaus, welche auch auf der Chipkarte aufgedruckt ist. Ich verändere meine Einwahlscripten etwas, so dass vor der Telefonnummer von meinem Modem erst die Kontonummer "gewählt" wird, gefolgt von einer kleinen Pause. Okey es funktioniert, ich bin mit der Universität verbunden und habe den LEERstuhl wieder unter Kontrolle. Schlecht ist nur, dass es durch die Krankenhausspezialgebühren so einen Haufen Geld kostet. Hm, jetzt müsste ich nur noch an eine solche Kontonummer kommen. Bestimmt gibt es einige Leute, welche die Quittung über die Entrichtung der Kaution für die Chipkarte gleich nach Erhalt wieder wegwerfen. Bloss ich kann zur Zeit noch nicht wieder aufstehen. Es ist seit einer guten halben Stunde wieder Besuchszeit.
"Hallo. Alles gut überstanden?"
 Da ist er wieder mein Verkehrsunfall, besser gesagt Yvonne.
"Hallo, nett Dich zu sehen." Sehr gut, mal sehen ob Sie den Test besteht. Ich werde Sie einfach zum "Trashing" schicken.
"Könntest Du bitte einmal dorthin gehen, wo es die Chipkarten für das Telefon gibt?"
"Ja natürlich, soll ich Deine wieder aufladen lassen?"
"Nein, aber schaue Dich doch bitte einmal um, ob es dort in der Nähe einen Papierkorb gibt. Hier im Schrank ist ein grosser Plastikbeutel, welchen Du mitnimmst. Fülle Ihn einfach mit dem Inhalt des Papierkorbes." Sie schaut auf die in meinem Bett herumliegende Technik.
(Notebook, Mikrofon, Lautsprecher und Modem) Danach sieht man wie Ihre zentrale Verarbeitungseinheit kurz aber heftig arbeitet.
"Sagˋ mal, in der Uni sagen sie alle, dass einem gewissen Bastard Administrator des Hades, welchem sie es schon lange gegönnt hätten, eine Studentin in das Auto gefahren sei und dieser Bastard Administrator des Hades jetzt mit einem gebrochenen Bein im Krankenhaus läge. Meinen die uns?"
"Allerdings."
"Oh." entfährt es Ihr.
"Na gut, dann gehe ich erst einmal. Ich bin gleich wieder da."
Es dauert wirklich nicht lange und sie hat sogar nur die hinsichtlich des Telefons relevanten Belege herausgesucht. Also die Dame hat durchaus ein gewisses Talent. Es finden sich 37 Telefonkontennummern, von welchen immerhin 13 noch aktiv sind.

Am kommenden Tag kann ich schon wieder mit zwei Krücken den Gang der chirugischen Station entlangstelzen. Dabei stelle ich fest, dass hier im Krankenhaus sogar schon fortschrittliche Computertechnik benutzt wird. Es handelt sich nicht einmal um ein MS-System, sondern um ein Linux-System, welches da im Stationszimmer läuft. Mit absoluter Professionalität sind stehts mehrere Schwestern und Ärzte auf verschiedenen virtuellen Konsolen eingelogt und schalten für ihre Arbeit einfach auf die entsprechende Konsole um. Auslogen? Da könnte ich ja nicht helfend eingreifen. (Guter Witz, was?) Ich werde also zur Besuchszeit wiederkommen, da dann die Schwestern sich normalerweise eine Auszeit gönnen. (Mit Kaffee und Kuchen selbstverständlich.)

Es ist schon etwas über eine Stunde Besuchszeit als ich die Maschine mit dem RESET-Taster in ihrer Arbeit unterbreche und im BIOS endlich einmal ein Password gegen unbefugte Änderungen der BIOS-Parameter eintrage. Des weiteren ist von nun ab das Laufwerk C: das einzige zulässige Bootmedium. Anschliessend starte ich den Kernel mit dem Bootparameter

init=/bin/sh

neu und trage eine neue Zeile in die /etc/passwd ein:

badh::0:100::/home/badh:/bin/bash

Ausserdem lege ich noch ein entsprechendes Home-Directory an und berichtige die Zeile

root:vlTkr/9Ae48uq:0:0:Der Gott dieses Systems:/root:/bin/bash

durch eine kleine Änderung

root:InQVx$rz8HÜY:3:100:Der Gott dieses Systems:/root:/bin/bash

"Du bist wohl schon wieder bei der Arbeit?" fragt Yvonne
"Ich war in Deinem Zimmer, aber da Du nicht da warst habe ich mir schon gedacht, dass Du hier bist, da ich gestern gesehen habe, dass hier ein Rechner im Stationszimmer steht."
"Ich helfe wo ich kann." sage ich und starte noch schnell einen Hintergrundprozess.

nice -n -19 /bin/cat /dev/zero >> /dev/null &

Viel hilft viel, also starte ich besser zehn derartige Prozesse, womit das System wohl zum erstenmal in seinem Leben eine halbwegs anständige CPU-Last haben dürfte und die Antwortzeiten auf nie gekannte Werte bringt. Kurz gesagt verhält sich das System wie ein nasser Schwamm. Ausserdem verpasse ich dem Lilo ein Password für die Übergabe von Bootparametern und sorge noch dafür, dass die Patientendateien zu mir in die Universität übertragen werden, bevor ich mit

init 3

das System wieder ganz normal aussehen lasse, mit dem kleinen Unterschied, dass es geschlagene 17 Minuten benötigt, bis das System wieder den normalen Runlevel 3 erreicht hat.
"So, fertig." sage ich
"Was wollen wir jetzt machen. Ich könnte ja einmal versuchen, ob ich es bis in den Park schaffe. Dort könnten wir uns dann auf eine Bank in der Sonne setzen."
"Die Bänke im Park sind leider schon alle besetzt. Lass uns lieber auf den Stühlen gleich hier auf dem Gang Platz nehmen. Da haben wir das Schwesternzimmer im Auge." Ich sehe Ihr in die Augen und weiss, dass Sie langsam Geschmack an der Sache findet.

Wir unterhalten uns nett und etwa 20 Minuten später kommt die erste der Schwestern von der Kaffeepause zurück und macht sich am Computer zu schaffen. Nach fünf Minuten wird es Ihr zu viel und Sie holt sich Verstärkung. Die beiden diskutieren eifrig, was dem Patienten wohl fehle und beschliessen, dass weitere Verstärkung notwendig sei. Nach 15 Minuten stehen fünf Schwestern um den Patienten herum und kommen nach weiteren 5 Minuten zu dem Schluss, dass man einen Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss, am besten einen Studierten hinzuziehen sollte. Der junge Arzt untersucht nun ebenfalls den Patienten, kann jedoch ebenfalls keine Diagnose stellen. Er lässt sich statt dessen das Krankenblatter der Patienten bringen und sucht offensichtlich einen bestimmten heraus. Offensichtlich hat er sich daran erinnert, dass zur Zeit ein Systemadministrator von der Universität auf seiner Station weilt, denn er gibt kurz darauf einer der Schwestern offensichtlich einen Auftrag und diese kommt direkt auf uns zu.
"Entschuldigung, ich hoffe ich störe Sie nicht, aber der Herr Doktor lässt fragen, ob Sie nicht zu ihm in das Stationszimmer kommen könnten. Wir haben ein Problem mit unserem Computer."
Nun sind Yvonne und ich natürlich zur Zeit leider schwehr mit Händchen halten beschäftigt, einer ungemein wichtigen und eigentlich auch keinen Aufschub duldenden Angelegenheit. Aber ich habe gute Laune und sage daher
"Einen Augenblick bitte, ich komme, sobald ich hier fertig bin und Zeit habe."
Sie scheint das vollkommen zu verstehen.
"Danke. Das ist sehr nett von Ihnen." und lächelt mich an.
Einige Zeit später betrete ich zusammen mit Yvonne also das Stationszimmer und begrüsse den Herrn Doktor.
Nachdem ich etwas Hokus Pokus auf der Tastatur gemacht habe, bitte ich den Herrn Doktor den Hausmeister anzurufen und zu fragen, ob dieser einen Kreuzschlizschraubenzieher habe. Er solle ihn doch bitte vorbeibringen. Ausserdem frage ich Ihn, ob er mir ein Stetoskop leihen könnte. Stetoskop.
"Ein Stetoskop?" fragt er ungläubig?
"Ja, ein Stetoskop. Sie haben doch sicherlich ein Stetoskop."
"Aber selbstverständlich habe ich ein Stetoskop. Nur was wollen Sie mit einem Stetoskop?"
"Na ganz einfach den Computer abhören."
"Den Computer abhören?"
"Ja selbstverständlich. Sie hören mit dem Stetoskop, wie das Blut durch die Adern eines Menschen fliest, wie sein Herz schlägt und sein Magen arbeitet und ich höre damit, wie die Festplatten arbeiten, die Lüfter sich drehen und der Strom fliest."
"Wie der Strom fliest?"
"Aber natürlich. Legen Sie doch bitte Ihr Stetoskop einmal an die Glühbirne." sage ich und schalte die etwas altmodische noch mit einer normalen 220 Volt Glühbirne arbeitende Schreibtischlampe ein.
"Erstaunlich!" sagt er und überlässt mir bereitwillig sein Stetoskop Offensichtlich ist er sehr beeindruckt. Inzwischen ist der Hausmeister mit dem Kreuzschlitzschraubenzieher da und ich kann mit der Operation beginnen. Als Chirug ist der Arzt natürlich begeistert das Innenleben zu sehen.
Abwechseld hören wir mit dem Stetoskop die Festplatte, die Lüfter und das Diskettenlaufwerk ab, wobei ich die Festplatte und das Diskettenlaufwerk mit geeigneten Befehlen unterschiedlichste Geräusche erzeugen lasse. Nach einiger Zeit gebe ich dann die Diagnose ab.
"Es ist ein Virus, welcher aber noch nicht aktiv ist und damit noch keine Schadensfunktion hat."
"Aha." sagt er und hat soviel verstanden, wie ich auch in der Regel verstanden habe, wenn er zur Visite mir, umringt von einem Herr von Glaubensbrüdern und Schwestern seine Diagnosen verkündet hat. Ich lasse mich also herab, ihm die Diagnose zu erläutern.
"Nun Viren kennen Sie sicherlich." sage ich.
"Ja natürlich." sagt er und strahlt mich an.
"Computerviren sind wie die biologischen Viren allein nicht lebensfähig. Das heisst, Sie können ohne ein Wirtsprogramm nicht ausgeführt werden und aus diesem Grunde sind die Computerviren gezwungen Ihren Wirt also eines der Programme des Computers zu infizieren und damit zu einem Teil dieses normalen Computerprogrammes zu werden. Ganz wie die biologischen Viren gezwungen sind eine Zelle des Organismus zu befallen und ein Teil dieser zu werden. Ausserdem wird das infizierte Progamm nun nach dem Programmcode des Computervirus dessen Funktionen ausführen und damit unter anderem weitere Programme zu infizieren, genau wie eine von einem biologischen Virus befallene Zelle eines Organismus anfängt entsprechend den in die DNA der Zelle eingeschleusten Informationen weitere Viren zu produzieren, welche dann weitere Zellen des Organismus befallen. Genau wie bei einem Organismus nicht sofort nach der Infektion die Krankheit ausbricht, dauert es auch bei einem Computer einige Zeit, bis der Schaden sichtbar wird. Jedoch gibt es genau wie bei einem Organismus gewisse Vorzeichen einer Krankheit. Bei einem Organismus äussert sich dies in einem Gefühl von sich unwohl fühlen, schlapp sein und Verlust von körperlicher Leistungsfähigkeit. Und genau das ist der Zustand, in welchem sich der Computer zur Zeit befindet. Sehen Sie nur, wie langsam er auf die Eingaben reagiert und wie langsam alle Aktionen ausgeführt werden."
Das leuchtet dem Mediziner sofort ein.
"Natürlich, das ich da nicht selbst darauf gekommen bin."
Ich bitte in Ermangelung von Werkzeug um eine gebrauchte Kanüle und beschäftige mich etwas mit Bimbamborium. Das heisst ich mache eigentlich nichts, lasse aber jede Aktion sehr kompliziert und schwierig aussehen. Da es Freitag Abend ist, muss ich nicht lange warten und der erste erfolglose Automobilselbstmörder wird angeliefert. Die Bewunderer meiner Kunst verlassen bis auf Yvonne das Stationszimmer. Ich fahre die Maschine herunter und schalte sie ab. "Es handelt sich noch um eine Maschine mit einem Pentium 233 MHz MMX-Prozessor. Die werden ganz schön warm. Aus diesem Grunde werde ich mit Hilfe der Kanüle versuchen die Kontakte aus dem Stecker des CPU-Lüfters heraus zu fummeln und so wieder hinein zu stecken, das der Lüfter statt mit 5 Volt mit 7 Volt betrieben wird. Dadurch ist die CPU dann ganz hervorragend gekühlt."
"Und wie lange wird die CPU dann ganz hervorragend gekühlt sein?" fragt mich Yvonne.
"Nun so genau weiss ich das auch nicht, aber auf alle Fälle nicht sehr lange."
Als eine Viertelstunde später wieder eine Schwester vorbei kommt bin ich fertig, habe die Maschine wieder zusammengeschraubt und neu gestartet.
"So, es ist alles wieder in Ordnung." sage ich und bringe Yvonne noch bis an die Tür.

Am nächsten Tag kurz vor dem Mittagessen wird es dem CPU-Lüfter dann doch zuviel und er steigt aus. Kurze Zeit später wird es der CPU dann zu warm und sie beschliesst sich mit Hilfe ihrer Temperatursicherung etwas Abkühlung zu verschaffen und zumindest vorubergehend den Dienst zu verweigern. Also ruft man wieder den Fachmann und sehr schnell habe ich nach dem Öffnen des Rechners das Problem lokalisiert.
"Ja, der Lüfter ist defekt, dadurch wird die CPU zu warm. Sie hat gewissermassen einen Hitzschlag."
"Aha, das verstehe ich." sagt der Arzt von gestern, dessen Dienst gerade wieder begonnen hat.
Ich erläutere Ihm also, dass die CPU gestern sich, infolge des Virusinfekts stärker erwärmt hat, als normal, was ja auch stimmt, bis auf die Sache mit dem Virusinfekt. Es sei eben ganz ähnlich wie bei einem Menschen auch, wenn dieser einen Virusinfekt habe, hat er ja auch eine erhöhte Temperatur. Dem Mediziner erscheint dies natürlich ebenfalls sehr logisch. Man darf den Leuten eben nicht mit technischem Kram kommen, sondern muss es Ihnen auf Ihrem bisherigen Wissen aufbauend vermitteln. Dann werden sie es auch verstehen.
"In modernen Rechnern werden aus Gründen der Stromersparnis und Geräuschentwicklung geregelte Lüfter eingesetzt." erläutere ich weiter.
Die CPU-Lüfter sind zwar nicht geregelt, aber so genau muss es der Mediziner ja auch nicht wissen.
"Nun musste gestern die CPU aber sehr stark gekühlt werden. Das ist ähnlich wie bei einem Menschen, bei welchen man im Falle erhöhter Temperatur ja auch versucht den Körper zusätzlich zu kühlen."
"Ja, da haben sie vollkommen recht." 
 Ich sollte vieleicht eine Kursgebühr erheben, bei soviel Unterweisung in der Hardwaretechnik.
"Nun und da wurde wohl gestern der Lüfter zu stark beansprucht und in Mitleidenschaft gezogen."

"Hm ja, aber was sollen wir denn jetzt machen. Wir brauchen den Computer heute einfach für die tägliche Arbeit. Und es ist einfach so, dass er für uns unverzichtbar geworden ist. Es wäre ganz einfach eine Katastrophe, wenn er auch nur einen Tag lang nicht zur Verfügung stehen würde.
Sehen Sie, früher konnten wir die Abrechnungen für die Krankenkassen noch mit der Hand ausfüllen. Wenn wir das heute machen wollten, so müssten wir jeden Tag 25 Stunden länger arbeiten."
"Ja, ich verstehe das Problem, sagen Sie, wenn ich morgen entlassen werde, wann kann ich dann wieder arbeiten gehen? Ich muss doch hoffentlich nicht erst noch zur Kur?" Er begreift recht schnell.
"Aber selbstverständlich müssen Sie zur Kur. Sie können auf keinen Fall sofort wieder arbeiten gehen. Allerdings gibt es für den Kuraufenthalt sehr viele Möglichkeiten. Ich bin sicher, dass wir etwas finden, wo es Ihnen gefällt. Wie wäre es zum Beispiel mit dem Schwarzwald?"
"Nicht schlecht, aber ich dachte eigentlich an Hiero." Er sieht plötzlich so aus, als ob er selbst ärztlicher Behandlung bedürfe.
"Äh, es ist unglücklicher Weise so, dass gerade bei Auslandskuren die Krankenkassen, äh nun wie soll ich sagen, ausserordentlich genau sind."
"Oh, das macht nichts, ich wollte damit durchaus nicht unsere arg gebeutelten Krankenkassen belasten. Es würde ausreichen, wenn Sie ein entsprechendes Schreiben an meinen Arbeitgeber aufsetzen könnten."
"Das ist überhaupt kein Problem." Es geht Ihm offensichtlich schon wieder sehr viel besser.
"Sagen Sie, da brauche ich doch sicherlich eine ˋ Begleitpersonˋ, bei meiner derzeitigen Gehbehinderung."
"Aber das vesteht sich doch von selbst, dass Sie eine Begleitpersonˋ brauchen."
"Gut da werde ich dafür sorgen, dass Yvonne gleich einen neuen Lüfter besorgt und mitbringt. Ich kenne da einen Händler, bei welchem die Lüfter sehr günstig sind. Sie kosten nur 59,95 DM."
"Hervoragend. Wissen Sie bei der derzeitigen Lage der Krankenhausetats müssen wir immer darauf achten, kostensparend zu arbeiten, auch wenn es nur um kleine Summen geht."

Als Yvonne dann zur Besuchszeit den Lüfter mitbringt frage ich Sie, ob es eventuell Vorlesungen gibt, bei welchen man unbedingt anwesend sein müsse. Wie ich mir schon gedacht habe, gibt es keine solche Vorlesungen.
"Na gut," sage ich "dann packe schon immer einmal Deine Sachen zusammen." (Bei Frauen dauert das ja aus unbegreiflichen Gründen immer etwas länger.)
"Schliesslich brauche ich eine Begleitpersonˋ für meinen Kuraufenthalt auf Hiero."
"Begleitperson?"
"Nun ja, Du musst es nicht so wörtlich nehmen."

Leider muss ich den Kuraufenthalt in den nächsten Tagen beenden, denn die Lage am LEERstuhl scheint sich ohne mein Zutun gefährlich zu stabilisieren und wir schliesslich müssen wir ja wenigstens versuchen das Verhältnis von Chaos und Ordnung etwas im Gleichgewicht zu halten.

Mit höllischen Grüssen



Bastard Administrator des Hades



© Copyright by Jan Fischer 1999
 

 


DISCLAIMER:

Auch wenn Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und Universitäten der Bundesrepublik Deutschland nicht auszuschliessen sind, so hoffe ich doch, dass meine Darstellungen so sind, dass Aussenstehende diese Personen und die Universität nicht erkennen. Sollten diese Personen oder die Universität erkannt werden, so wird jeder gebildete Mensch hoffentlich erkennen, dass dies Darstellung schon so stark übertrieben ist, dass sie mit der Wirklichkeit nur noch sehr wenig gemein hat. 

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