Tag Leute,
es folgt des Beweis dafür, dass es Bastards nicht nur an der Universität gibt.


(B)astard (B)ürohengst (F)rom the (Hell)
Erster und letzter Teil

Montag Morgen: Nach einer Woche Abwesenheit schleppe ich mich in mein Büro. Die letzte Woche habe ich auf einem Seminar zugebracht, das dem Thema "Planung: Ersetzen des Zufalls durch Irrtum" gewidmet war. Auf meinem Schreibtisch türmt sich ein Berg Post, den ich aber erst einmal ignoriere.
Zunächst muss ich mich um die wirklich wichtigen Dinge des Lebens kümmern - und das sind die Spesenabrechnungen. Ich starte meinen PC, auf dem ich mir ein spezielles Reisekostenprogramm gebastelt habe. Das Programm ist vernetzt mit meinem privaten Bankkonto und meinem privaten Finanzbedarfsplan. Die Berechnung der Spesen erfolgt retrograd, d.h. aus der Höhe meines Finanzbedarfs errechnen sich meine Abwesenheitszeiten und die Aufwendungen während meiner Reise. Gleichzeitig erstellt mein Grafikprogramm alle notwendigen Belege, wie die Rechnungen der Hotels, die Taxenrechnungen und die Bewirtungsbelege. Ich muss mir nur noch die Namen der Hotels und der bewirteten Personen ausdenken und in die Leerfelder eintragen.

Ich drucke die Abrechnung aus und kontrollierte noch einmal das Ergebnis. Unglücklicherweise ist mein persönlicher Finanzbedarf im Augenblick etwas gross, so dass die Abrechnung eine dreiwöchige Reise und Bewirtung von 45 Personen ausweist. Ich weiss, dass in der Spesenabrechnungsstelle ein sturer Bürokrat tätig ist, der sich bei einer Plausibilitätsprüfung vielleicht an solchen unwesentlichen Details stören könnte, deshalb ändere ich noch ein paar Daten, so dass es eine einwöchige Reise bei einer Bewirtung von 123 Personen wird. Das sollte genügen. Ich unterschreibe die Abrechnung und lege sie in den Postausgangskorb.

Auf einem früheren Seminar für Führungskräfte habe ich gelernt, dass man bei der Einteilung der Tagesarbeit unbedingt seinen persönlichen Biorhythmus berücksichtigen muss. Nach den empirischen Versuchen, die ich monatelang an mir durchgeführt habe, ist es für einen produktiven Arbeitstag unbedingt notwendig um 9.00 Uhr eine Teepause einzulegen.

Ich hole meine beiden Teekannen aus dem Stahlschrank, spaziere in die Küche und setze Wasser auf. Geduldig warte ich darauf, dass das Wasser zu kochen beginnt. Ich wiege auf der kleinen Goldwaage, die ich in Eigeninitiative an der Küchenwand angebracht habe, sorgfältig 10 g Darjeeling First Flush ab. Sobald das Wasser zu kochen beginnt - man darf es auf keinen Fall sich totsprudeln lassen - schütte ich den Darjeeling in die erste Kanne und sehe auf den Sekundenzeiger der Uhr. Nach 90 Sekunden giesse ich den Tee in die zweite Kanne um und schlendere zurück in mein Büro.
Entspannt setze ich mich auf meinen Stuhl und schlürfe meinen Darjeeling. Das Telefon klingelt. Wer stört denn jetzt in diesem entscheidenden Augenblick meines Schaffensprozesses?

Ich trinke noch einmal von meinem Tee, schliesse die Augen und spüre dem Nachgeschmack des Darjeelings auf dem Gaumen nach. Das Telefon klingelt rücksichtslos weiter. Also doch mal rangehen.

Es ist unser Pförtner, der mir mitteilt, dass eine Spedition hier sei, die eine Lieferung für mich hat. Aaah, endlich ist es also soweit. Nachdem ich jahrelang unserem Vorstandsvorsitzender erzählt habe, wie grossartig ein Managementinformationssystem sei, hatte er vor ein paar Wochen die Investition bewilligt. Der Vorstandsvorsitzende will immer alles wissen, deshalb konnte ich ihn damit ködern, dass er mit einem solchen System die aktuellen Kennzahlen unseres Betriebes, die gesamtwirtschaftlichen Vergleichsdaten, die Bankkontoauszüge aller Mitarbeiter und das aktuelle Abendprogramm aller Cabarets in 100 km Umkreis sehen könnte. Die Zugriffsmöglichkeit auf die letztgenannte Information gab den Ausschlag für seine Zustimmung zu dieser Investition.

Ich beauftrage einen Gabelstaplerfahrer die Ladung vor die Türe des Vorstandsbunkers zu transportieren. Ein Gefühl der Vorfreude durchströmt meinen Körper. Seufzend verlasse ich meinen Tee. Zu den Führungskräften zu gehören fordert grosse Opfer.

Ich gehe zum Vorstandsbunker, wo bereits eine Gitterbox auf mich wartet, aus der ein Berg brauner Pappkartons ragt, die mit verheissungsvollen japanischen Schriftzeichen bedeckt sind. In diesen Kartons ist alles enthalten, was man für ein Managementinformationssystem benötigt: einige PCs, Bildschirme, Drucker, Modems und Netzwerkzubehör.
Dann borge ich mir bei unserem Hofdienst eine Schubkarre, packe die Geräte aus und werfe sie in die Schubkarre. Ich überlege einen Moment, wie ich das Problem der Entsorgung der Kartonagen bewältigen könnte. Mein Umweltbewusstsein gibt mir eine Idee ein, wie eine fachgerechte Entsorgung zu bewerkstelligen sei: Ich stopfe die leeren Kartons in die Briefkästen des hausinternen Postdienstes; wobei ich auf eine gerechte Verteilung auf alle meine Lieblingsfeinde sorgfältigst bedacht bin.

Ich fahre dann die meterhoch mit Elektronik beladene Schubkarre in den Chefbunker. Sekretärin Nr. 1 will mich zunächst nicht in das Büro des Chefs vorlassen. Der Boss ist heute nicht im Haus. Sekretärin Nr. 1 erzählt mit wichtiger Miene etwas von einer Geschäftsreise. Die kann mir viel erzählen - ich weiss Bescheid! Das ist wieder eine dieser Incentivereisen, bei denen er einige Kunden in einem Bordell freihält und dabei selbst den grössten Rechnungsbetrag verursacht. Innovative Kundenbetreueung nennt sich das.

Ich habe also an diesem Tag volle Bewegungsfreiheit in seinem Büro und gedenke diesen Zustand optimal auszunutzen.
Wenn der Vorstandsvorsitzende nicht im Haus ist, fühlt sich Sekretärin Nr. 1 als seine Stellvertreterin - obwohl sie, ausser nett auszusehen, eigentlich nichts kann. Ich erkläre ihr geduldig den Zweck meines Kommens und zwänge mich mit meiner Schubkarre an ihr vorbei in die Zentrale des Chefbunkers. Dort kippe ich den ganzen Kram auf den Teppich.

Zunächst bringe ich die Schubkarre zurück auf ihren Platz. Schliesslich muss man mit Betriebseigentum sorgfältig umgehen. Dann begebe ich mich wieder in das Büro des Vorstandsvorsitzenden und schaffe auf seinem Schreibtisch den notwendigen Platz für das Managementinformationssystem. Ich kippe alles was auf dem Schreibtisch liegt in den Papierkorb. Es ist an der Zeit, dem Boss zu demonstrieren, dass die Zukunft dem papierlosen Büro gehört.

Die Hardware entspricht dem Qualitätssiegel "Plug and Pray"; deshalb habe ich das EDV-Gerümpel innerhalb von nur fünf Stunden betriebsfertig montiert. Um das externe Netzwerk zu kontrollieren, logge ich mich kurz beim Beate Uhse Versand ein und prüfe das Angebot.
Weil ich schon einmal da bin, bestelle ich umfangreiches Informationsmaterial an die Privatadresse des Vorstandsvorsitzenden und gebe als Empfänger den Namen seiner Frau mit an. Damit die Unterlagen auch ganz sicher ihr Ziel erreichen, bestelle ich das gleiche Material noch einmal an seine Geschäftsadresse. Dann lade ich noch ein pornographisches Bild aus dem Beate Uhse Rechner und installiere es als Grafik der Planzahlen für das kommende Jahr im Managementinformationssystems. Das sollte für den Vorstandsvorsitzender Motivation genug sein, sich mit der strategischen Planung unseres Unternehmens zu befassen.

Zum Abschluss der Installation rufe ich vom Telefon des Chefs aus noch eine dieser günstigen Nummern in der Karibik an, wo einem eine virtuell erregte Dame alle möglichen Schweinereien zuflüstert, speichere das Gestöhne als Soundfileauf der Festplatte des Managementinformationssystems und lege für mich eine Sicherungsdiskette an. Eine durchdachte Backupstrategie kann lebenswichtig sein für ein erfolgreiches Unternehmen.
Ich richte die Startdateien so ein, dass dieses interessante Soundfile jedesmal beim Start des PCs abgespielt wird. Nach den neuesten betriebspsychologischen Erkenntnissen dient eine derartige Massnahme der Mitarbeitermotivation in nicht unerheblichem Masse.

Bevor ich gehe, zeige ich Sekretärin Nr. 1 noch, wo der Knopf zum Einschalten an dem PC ist, damit sie sich auch ein wenig mit der Technik der Zukunft befassen kann. Ich verlasse aber den Chefbunker bevor das System komplett hochgefahren ist und das Soundfile startet.
Ich kenne es ja schon.

Durchaus zufrieden mit meinem Tagwerk gehe ich zurück zu meinem Büro. Als ich an der Türe meines Abteilungsleiter vorbeikomme, sehe ich durch den offenstehenden Türspalt, dass der Abteilungsfürst im Augenblick nicht anwesend ist. Ich habe ja noch auf einer Diskette eine Sicherungskopie von dem Soundfile und von dem pornösen Bild gemacht und mich durchzuckt noch die Idee einer weiteren produktiven Anwendungsmöglichkeit.
Es müsste der Harmonie in der Führungsetage doch förderlich sein, wenn mein Abteilungsleiter auch in den Besitz dieser wichtigen Informationen käme. Also installiere ich flugs auf seinem PC das Gestöhne aus der Karibik und überlege, was mit dem Pornobild zu machen sei. Um etwas Abwechslung in die Sache zu bringen, konvertiere ich es zu einem Bildschirmschoner und richtet diesen so ein, dass er sich jedesmal aktiviert, wenn man drei Sekunden auf keine Taste gedrückt hat. Um den Bildschirmschoner vor versehentlicher Beschädigung zu schützen, sichere ich ihn noch mit einem Password. Diese Sorgfalt würde den Abteilungsleiter sicher erfreuen.

Endlich wieder in meinem Büro lege ich die Füsse auf den Tisch und stecke mir eine Zigarre an. Mein Tee war natürlich kalt geworden.
Scheissstress!

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