Hallo Leisch!
 
 Ich sitze hier gerade im BZSDBA (Büro des Zentralen Systemkoordinators und Datenbankadministrators) (ZSDBA ist die offizielle Bezeichnung meiner Tätigkeit hier am LEERstuhl) und bewundere mein Werk. Natürlich heisst es auch nicht LEERstuhl, sondern Fachbereich, wie aus einem der letzten Rundschreiben des Rektors hervorgeht.

Wie ich auf meinem Bildschirm gerade sehe unserer Professor, Frau Dr.-Ing. H. Göser gerade über einer Lektüre sitzt, welche wohl nicht wissenschaftlicher Art sein kann, der entspannten Sitzhaltung nach zu urteilen. Ich habe gestern alle Workstations und PC's mit Soundkarten, Mikrofonen, Lautsprechern und Kameras ausgestattet.

"Damit wir in Zukunft mit Hilfe von Telefonie über das Netz Telefonkosten sparen können und durch Web-Konferenzen weniger Dienstreisen machen müssen."

"Ah, das ist gut." hat die Chefin gesagt, welche durchaus eine sparsame Natur ist.
Dass ich neben dem ganzen anderen Softwarekram auch noch Back Orifice installiert habe merkt ohnehin keiner. Endlich habe ich hier ALLES unter Kontrolle.
Ich schalte um in das Roboter-Labor. Dort steht noch ein alter Geselle aus einer längst vergangenen Zeit. Dennoch hat sich irgendwann jemand die Arbeit gemacht, ein Windows-Programm zu schreiben, mit dessen Hilfe man ihn bedienen kann. Nicht das jemand diesen Gesellen benutzen würde aber er hat einmal Zehntausende gekostet und da wäre es doch schade ihn einfach zu verschrotten meinte die Frau Professor.

Ich habe immer den Verdacht, dass der Roboter nur noch da steht, weil hinter ihm einige Flaschen mit Alkoholika stehen.
(Für dringende Fälle wie z.B. Urlaubsanfang und -ende, zurück von schwehrer Krankheit, Ein- und Ausstand, akademische Feiern, Weihnachten, Ostern und vieles andere mehr) Aus einer Tonbandaufnahme einer Feier suche ich eine tiefe Stimme mit den Worten "Zum Wohl" heraus und sample sie über die Soundkarte ein. Wir haben zwar keine KC-Technik mehr, aber aus einem mir unbekannten Grunde benötigen wir immer noch die Kassettenabspielgeräte. Wahrscheinlich ist der Grund darin zu sehen, dass wir zu Weihnachten die entsprechenden Kassetten abspielen können. Ich schiebe das entstandene File auf die Kiste im Labor, an welcher unser alter Kollege Roboter angeschlossen ist. Eine kleines Perlprogramm unter Windoofs und eine Anweisungfolge für den Roboter und ... nicht fertig.
Jetzt muss ich doch noch aufstehen. Ich gehe hinüber in das Labor und versehe einen Schraubstock mit Gummiauflagen für die Spannbacken und befestige ihn an einem Tisch in Reichweite des Roboters. Damit sollte die Fixierung der Flasche während des open(bottle) Befehls gesichert sein. Ausserdem stelle ich die Gläser auf und versehe die Greifbacken des Roboters ebenfalls mit Gummiauflagen. (Schliesslich handelt es sich um hochwertige 08/15 Weingläser und der Verlust dieser würde für den LEERstuhl einen grösseren Verlust darstellen, als wenn die Feuerwehr bei einem Brand unseren Server einschäumen würde.
Irgendwo muss doch noch der Näherungssensor mit dem CAN-Bus-Interface herumliegen.
Ah er liegt hinter der an Wassermangel eingegangen Pflanze auf dem Fensterbrett.
So, anstecken und fertig. Ich gehe zurück in mein Büro und aktiviere das Werk. Nun ja, ohne Sensoren am Roboter geht das alles nicht so ganz einfach.
Der Korken der Weinflasche schwimmt wohl zur Hälfte in der Flasche und die Gläser sind nur halbgefüllt.
Ah, da kommt schon einer unserer Studenten, welche gerade die Studienarbeit bei uns machen.
Zuerst schaut er etwas überrascht, nimmt aber dann sein Glas, sagt zu dem Roboter ebenfalls "Zum Wohl" und trinkt das Glas aus.
Der Roboter hebt ebenfalls das Glas bis kurz unter die Augenhöhe und dreht es dann um 90° nach unten.
Selbstverständlich ist da nichts, wo er es hineinschütten kann. Es läuft eben einfach nach unten.
Der Student schaut noch ein wenig nachdenklich, entfernt sich wieder von dem Kollegen Roboter und kommt noch einmal auf ihn zu. Und wieder erhält er ein Glas.
Es dauert nicht lange und es bildet sich ein sozialistisches Wartekollektiv vor dem Roboter. Leider geht um 13:47 Uhr der Wein aus.
Schade. Na macht nichts.
Ich besorge mir aus der Sammlung (Das ist die Bezeichnung für eine zentrale Stelle in welcher sehr antike Geräte gesammelt [Daher der Name] werden, welche ohnehin keiner mehr verwenden wird.) einen alten Messender und nehme eine Leitung des Parallelportes meiner Maschine um die Modulation der HF-Trägerfrequenz zu kontrollieren.
Ich starte ein Programm und warte bis zur vollen Stunde. In unserem Gebäude hat man die alten Zentraluhr gesteuerten Uhren auf den Gängen gegen neue Funkuhren ausgetauscht, da die alte Technik zu unzuverlässig war. (Das lag wahrscheinlich daran, dass ich hin und wieder eine der Tochteruhren kurzgeschlossen habe.) An meiner Armbanduhr ist es jetzt 15:04 Uhr aber die Uhren auf den Gängen im Gebäude zeigen jetzt 16:15 Uhr an. Und weil ich an die moderne Technik glaube gehe ich nach Hause.

 Mit höllischen Grüssen
 
 Bastard Administrator des Hades
 
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