In Zeiten der Rezession und - schlimmer noch - in Zeiten der ausbleibenden automatischen Anhebung der Beamtenbezuege muss man sich beizeiten nach neuen Einnahmequellen umsehen, damit man seinen Lebensstandard halten kann. Der Spruch ist zwar schon etwas angeschimmelt, aber er stimmt immer noch: Das Geld liegt auf der Strasse! Genauer gesagt in einem ca. 1,60m breiten Streifen vor dem Randstein.

Um die nun folgende Szene verstehen zu koennen, muss man wissen, dass die Parkplatznot in Muenchen mittlerweile so dramatische Ausmasse angenommen hat, dass die Stadt inzwischen bereits Notunterkuenfte fuer die Autos (und deren Fahrer) plant, welche es am Abend nicht mehr geschafft haben, sich einen Platz fuer die Nacht zu erkaempfen. Rein rechnerisch muss das auch so sein, weil die Standflaeche aller in Muenchen gemeldeten Autos zusammen bereits das gesamte befahrbare Stadtgebiet zweimal abdeckt. Jede Nacht - aber zunehmend auch tagsueber - kreisen Zigtausende verzweifelter Autofahrer durch die Innenstadt auf der Suche nach einem freien Plaetzchen auf dem Gehsteig oder wenigstens einen Platz in der zweiten Reihe, wo das Strafmandat noch unter 20 Euro kostet. Unsere Stadtverwaltung, immer am Puls der Zeit und erpicht darauf, dem Buerger das Leben in der Grossstadt zu erleichtern, hat schon vor Jahren reagiert und jetzt auch noch grosse Gebiete in Muenchen zu Parklizenzbereichen erklaert. Da aber jeder gemeldete Haushalt nur eine Lizenz erhaelt, bewirkt dies lediglich, dass zwar innerhalb der Lizenzgebiete haufenweise Parkplaetze frei bleiben, aber darum herum die Zweitwagenbesitzer sich mit den dort Ansaessigen um die Parkplaetze pruegeln.

Das Telefon klingelt, und, da ich jetzt - wie man gleich sehen wird - ein direktes pekuniaeres Interesse habe, hebe ich schon nach dem zehnten Klingeln ab.
"Hallo!" melde ich ich neutral. Es koennte ja auch der Chef sein oder vielleicht sogar Frau Bezelmann!
"Ah ... ja ... hallo! Ist dort ... ... auktion?"
"Das ist richtig", sage ich, "hier ist die Muenchner Parkplatz-Auktion, kurz MPA. Wollen Sie ver- oder ersteigern?"
"Aeh ... wie bitte?"
"Ich sehe schon, Sie rufen hier zum ersten Mal an. Ich erklaer's Ihnen kurz: Sie koennen hier einen Parkplatz ersteigern oder, wenn Sie einen Parkplatz abzugeben haben, auch wieder versteigern. Das Gute an Parkplaetzen ist uebrigens, dass sie nicht an Wert verlieren. Im Gegenteil! Wenn Sie Glueck haben, koennen Sie einen Platz, den Sie heute morgen spottbillig gekauft haben, am Abend zur Stosszeit mit Gewinn wieder abstossen. 50% des Umsatzes geht uebrigens an den Auktionator."
Den letzten Satz sage ich natuerlich nur kleingedruckt.
"Aeh ... ich wollte ... ich suche eigentlich nur verzweifelt einen Parkplatz ..."
"Okay, also wollen Sie mitsteigern. Wo braeuchten Sie denn einen Parkplatz?"
"Na ... so am Hohenzollernplatz ... vielleicht ..."
"Jetzt sofort?"
"Natuerlich ..."

"Ja, da haette ich was fuer Sie: in der Ainmillerstrasse wird was frei um 11:30, das waere also in ... aeh ... 12 Minuten. Da steht noch das Mindestgebot von 8 Euro. Ist allerdings nur fuer Kleinwagen geeignet und ausserdem im einfachen Parkverbot. Hm, dann waere da noch was in der Elisabethstrasse gleich um die Ecke sozusagen. Der wird frei um 11:35. Allerdings steht da das Gebot schon bei 15 Euro ..."
"Den nehm ich! Aeh ... was muss ich ...?"
"Moment! Da haette ich noch was ganz Besonderes: ein Schraegparkplatz der Galaxy-Klasse. In der Herzogstrasse, alle wichtigen Einkaufsmoeglichkeiten, Bars und Restaurants in walking distance. Laesst sich von vorne beparken und hat 40% mehr Breite als der Durchschnitt. Sehr geringes Vandalitaetspotential. Ein Platz fuer das besondere Auto, sozusagen. Frei ab 12 Uhr. Gebot steht im Moment bei 22 Euro ..."
"Eigentlich ..."
"Was fuer ein Auto fahren Sie ueberhaupt?"
"Aeh ... einen VW-Bus ..."
"Warum haben Sie das nicht gleich gesagt! Dann kommt sowieso nur der in der Herzogstrasse in Frage!"
Ich nehme seine Kreditkarte auf und trage ihn mit 24 Euro Gebot ein.

Inzwischen ist es 11:25 und es klingelt es wieder.
"Hier ist Moeller. Habe ich ...?"
"Ah! Der Herr Moeller! Ich darf Sie zu Ihrem neuen Parkplatz beglueckwuenschen!"
"Oh! Ah, sehr ... aeh ... sehr schoen! Das freut mich ..."
"Sie erhalten den 11:25 Zuschlag fuer einen De-Luxe-Parkplatz direkt vor dem Bayerischen Hof fuer nur 62 Euro Gebot. Ich hoffe, Sie sind in der Naehe, damit der Vor-Parker den Platz rechtzeitig uebergeben kann. Nennen
Sie ihm bitte die Code-Nummer 87967/Z"
Herr Moeller ist uebergluecklich, fuer seinen Jaguar so ein tolles Schnaeppchen ergattert zu haben. Er verspricht mir, den Parkplatz heute Abend allen seinen Kollegen im Vorstand der Hypobank zu zeigen. Umso besser fuer mich! Kostenlose Werbung kann ich immer brauchen!

Kaum ist Herr Moeller aus der Leitung laeutet es wieder.
"Hallo?"
"Leisch, bist du das?! Yogi-Flop hier. Ich bin in gerade hinter dem Dom, und da waeren sogar noch zwei freie Plaetze, erste Sahne! Stell' dir mal vor: ZWEI auf einmal! Aber der Scheiss ist: ich hab keine aufblasbaren Auto-Attrappen mehr! Was mach' ich denn jetzt?!"


Copyright Florian Schiel 2002

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