Das Rechner-Benutzer-Betreuungs-Referat (RBBR) hat mich per Einschreiben darueber informiert, dass die von mir benutzte 6-MBit-Wald-und-Wiesen-DSL-Verbindung nicht den aktuellen Richtlinien der Universitaet entspricht. Die Benachrichtigung erfolgte in Form eines Ultimatums, weil ich natuerlich auf alle bisherigen Benachrichtigungen (134) ueberhaupt nicht reagiert habe:
Wenn ich nicht bis spaetestens Ende naechster Woche einen den Richtlinien konformen DSL-Anschluss von der T-COM beantragen wuerde, koennte ich schauen, wo ich meine bisherigen Gebuehren erstattet bekaeme. Von Ihnen jedenfalls nicht!

Ich beisse also in den sauren Apfel und bestelle einen uni-konformen DSL-Anschluss mit lahmen 2 MBit. Ganz entgegen meiner Erwartungen steht schon am naechsten Tag ein Techniker vor meiner Tuere, um den Splitter und das DSL-Modem zu installieren. Hoeflich mache ich ihn darauf aufmerksam, dass ich bereits ein voll funktionstuechtiges System am Laufen habe und dass er eigentlich bloss in der Vermittlungs-Software den Eintrag aendern muesse. Der Techniker schaut mich an, als haette ich ihm gesagt, dass ich meine Datenpakete noch per Dampfrohrpost schicken wuerde, und erklaert mir langsam und umstaendlich, dass 'Splitter und DSL-Modem im Paketpreis der Uni Muenchen inbegriffen' seien, und er sie deshalb auch installieren muesse. Eine halbe Stunde spaeter zieren drei weitere Plastikkaestchen die Wand in meinem Flur, was zum Glueck nicht weiter auffaellt, weil ich dort sowieso nur die alten Rechnerkartonagen zu stapeln pflege. Beim Verabschieden sagt der Techniker ganz beilaeufig, dass jetzt eigentlich(!) schon alles funktioniere und dass ich im Falle eines Falles die Hotline 08003301000 anrufen solle.

Kaum ist er weg, koche ich mir vier Liter starken Kaffee, besorge mir vom Tuerken nebenan einen Stapel Doener, ruecke meinen bequemsten Sessel zum Telefon, Decke, Kopfkissen und Fernbedienung in Reichweite, greife zum Telefon (das zum Glueck noch funktioniert!) und waehle die Nummer der Hotline. Nachdem ich mich durch die ueblichen Blechtrotteldialoge gewuehlt habe, und zehn Minuten der neuesten Telekomiker-Musac (von 1994) geniessen durfte, meldet sich tatsaechlich ein menschliches Wesen. Zumindest klingt es so, heutzutage weiss man ja nie ...
"Mein neuer DSL-Anschluss funktioniert nicht", erklaere ich lapidar.
"Ja ... da sind Sie hier aber ganz falsch ... wir sind hier die Hotline der T-Online. Sie brauchen die Service-Hotline. Das ist die 08003302425. Moment, ich verbinde Sie mal ..."
Es klickt mehrmals, dann kommt das Besetztzeichen. Ich waehle die neue Nummer. Blechtrottel, Musac, dann: "T-COM Service-Hotline. Meine Name ist #=ss%*+#*. Wie kann ich Ihnen helfen?"
"Mein neuer DSL-Anschluss funktioniert nicht."
"Ja, gut. Geben Sie mir doch bitte Ihre Kundennummer."
"Die habe ich nicht."
"Die steht rechts oben auf Ihrer Fernmelderechnung."
Ich erklaere der Dame, dass meine Rechnungen in der Buchhaltung der Uni landen und ich sie zum Glueck nie zu Gesicht bekommen werde.
"Ach? Sind Sie gar kein Privatkunde?"
"Nein."
"Dann sind Sie hier sowieso ganz falsch. Sie muessen die Service-Nummer der Grosskunden waehlen. Das ist die 080033005400. Moment, ich verbinde Sie mal kurz..."
Mehrfaches Klicken, Musac, dann: Besetztzeichen. Ich waehle unverdrossen die Nummer der Grosskunden. Blechtrottel, Musac, Stimme:
"T-COM Service-Hotline. Meine Name ist #=ss%*+#*. Wie kann ich Ihnen helfen?"
"Mein neuer DSL-Anschluss funktioniert nicht."
"Geben Sie mir doch bitte Ihre Telefonnummer."
"Die habe ich doch gerade erst Ihrem Blechtrottel gegeben!"
"Wie bitte?"
"Ich habe sie gerade erst eingetippt", erklaere ich geduldig.
"Na, so was! Ist da ein automatischer Dialog vorgeschaltet? Welche Nummer haben Sie denn gewaehlt?"
Ich sage es ihr.
"Aber das ist ja die Nummer fuer die Mittelstandskunden!" wundert sich die Stimme.
"Ich sehe jedenfalls Ihre Nummer hier nicht. Geben Sie sie mir doch bitte noch einmal." Ich tue es, und sie fragt unglaeubig: "Sie sind Frau Franziska Buettner?"
"Nicht dass ich wuesste", sage ich, "ich denke, da muesste eher irgendwas von Universitaet Muenchen drinstehen." Was ich denke, beeindruckt die Stimme ueberhaupt nicht:
"Unter dieser Nummer ist hier ein Privatkunde eingetragen", erklaert sie kategorisch, "Sie muessen sich bei der Privatkunden-Service-Nummer melden. Das ist die 01805252033. Moment, ich verbinde Sie mal eben ..." Diesmal lege ich gleich auf und waehle die neue Nummer. Blechtrottel, so viel Musac, dass es fuer einen ganzen Doener reicht, dann eine neue Stimme:
"T-COM Service-Hotline. Meine Name ist #=ss%*+#*. Wie kann ich Ihnen helfen?"
"Mein neuer DSL-Anschluss funktioniert nicht."
"Sind Sie Frau Buettner aus Gelting?" fragt er.
"Ja", luege ich, um die Sache etwas zu beschleunigen, "ich bin nur stark erkaeltet ..."
"Aha. Und Ihr DSL funktioniert nicht, sagen Sie?"
"Ja ..."
"Und der wurde neu eingerichtet? Dann liegt es bestimmt an der Leitung. Haben Sie schon mit der Stoerungsstelle gesprochen?"
"Nein, aber ich hatte doch schon ..."
"Das waere die 01805345345. Ich verbinde Sie ..." Diesmal kein Klicken, sondern sofort Musac. Als sich nach 20 Minuten immer noch nichts ruehrt, lege ich auf und waehle die Nummer der Stoerungsstelle. Blechtrottel, Musac, dann: "Telekom Stoerungsstelle. Mein Name ist #=ss%*+#*."
"Mein neuer DSL-Anschluss funktioniert nicht."
"Aha. Haben Sie Ihre Fernmeldekontonummer da?"
"Nein."
"Macht nichts. Geben Sie mir einfach Ihre Telefonnummer." Ich mache den Mund auf, um zu sagen, dass ich die gerade dem Blechtrottel ..., aber dann lasse ich es lieber und gebe ihm die Nummer. "Ich bin stark erkaeltet, deshalb klingt meine Stimme so komisch", fuege ich sicherheitshalber hinzu.
"Wie bitte?" fragt er verbluefft.
"Was steht denn da in Ihrem Computer" frage ich vorsichtig zurueck.
"Ja, hmm, da steht komischerweise gar kein DSL-Anschluss drin", sagt er.
Ich versichere, dass der Techniker gerade erst da war und den Anschluss vor meinen Augen installiert hat.
"Ach so, dann ist die Datenbank wahrscheinlich noch nicht aktuell. Was geht denn an dem Anschluss nicht?"
"Ich weiss es noch nicht", sage ich.
"Wie... wieso wissen Sie das nicht? Was gibt es denn fuer ein Problem?"
"Keine Ahnung, aber nach Murphy wird irgendetwas bestimmt nicht funktionieren! Das ist ein Naturgesetz", erklaere ich.
Verbluefftes Schweigen. "Sie meinen, Sie rufen hier an, weil Sie einen Fehler melden wollen, den Sie noch gar nicht kennen!?"
"Genau!"
"Aber ... aber Ihr DSL-Anschluss koennte doch auch funktionieren!"
"Bestimmt tut er das nicht!"
"Woher wollen Sie das so sicher wissen!!"
"Bis ich bei Ihnen gelandet bin, wurde ich durch ... Moment ... sechs verschiedene Hotlines der T-Com ge-routet. Das sagt doch eigentlich alles!"
Am liebsten wuerde er jetzt losbruellen, aber er kann sich gerade noch zurueckhalten. Schliesslich sitzt er ja nicht alleine da in dem Call-Center.
Mit muehsam beherrschter Stimme sagt er: "Ok, was schlagen Sie also vor, was wir jetzt machen - nachdem Sie endlich bei mir gelandet sind?"
"Sie geben mir Schritt fuer Schritt an, was ich machen muss, um den DSL einzurichten. Und ich sage Ihnen genau, ab wo es nicht funktioniert. Auf diese Weise vermeiden wir die endlosen Diskussionen darueber, was ich angeblich alles falsch gemacht habe."
"Aehm ... ok. Haben Sie Ihren Computer schon an das DSL-Modem angeschlossen? Nein? Dann machen Sie das jetzt."
Ich schliesse das Patch-Kabel an.
"Jetzt sollten am DSL-Modem drei gruene LEDs leuchten", faehrt der Techniker fort.
"Da leuchten zwei gruene und eine rote", sage ich, "bei der roten steht 'DSL' dran."
Betretenes Schweigen in der Leitung. "Hallo? Sind Sie noch dran? Ist das ein schlechtes Zeichen?" frage ich unschuldig.
Zaehneknirschend gibt der Techniker zu, dass dem so sei. "Die DSL-Verbindung zur Vermittlung funktioniert nicht. Da muss die Leitung nochmal geprueft werden. Von hier aus kann ich das leider nicht machen. Ich verbinde Sie mit dem zustaendigen Service-Techniker..."
"Und welche Nummer hat der?" frage ich rasch.
"Warum?"
"Weil ich bis jetzt schon viermal beim Verbinden aus der Leitung geworfen wurde", erklaere ich lakonisch.
Er gibt mir widerstrebend die Nummer, dann verbindet er mich weiter, es klickt dreimal, dann kommt wie erwartet das Besetztzeichen. Ich waehle die Nummer, die er mir gegeben hat. Manchmal wundere ich mich selber ueber meine schier unerschoepfliche Geduld. Allerdings sind die Doener inzwischen alle und es ist schon fast drei Uhr, also die Zeit wo ich gewoehnlich Feuerabend mache... Komischerweise meldet sich diesmal kein Blechtrottel, sondern sofort eine Stimme, ausnahmsweise mal eine ungestresste, ja, sogar hoefliche:
"Hier ist die T-Com AG. Guten Tag."
"Gruess Gott. Mein neuer DSL-Anschluss funktioniert nicht."
"Jaaa sososo ... Wer hat Ihnen denn die Nummer gegeben?"
"Ihr Kollege von der - was war es noch gleich? - von der Stoerungsstelle."
"Jaaa sososo ... weil ... Sie sind hier bei der Pforte gelandet..."
"Bei der Pforte", wiederhole ich, nun ehrlich verbluefft.
"Jaaa ... in der Pforte der Hauptverwaltung in Bonn. Jaaa, was mach' ich denn jetzt mit Ihnen? Was fehlt denn ihrem DSL?"
Ich berichte dem Pfoertner, dass die DLS-LED rot statt gruen leuchtet.
"Ach das! Das hatte ich auch mal! Das liegt sicher nur daran, dass der Stecker vom Splitterkabel nicht gescheit drin steckt. Ziehen Sie ihn einfach ein paar mal raus und wieder rein."
Ich tue wie mir geheissen, und tatsaechlich wird die LED ploetzlich gruen.
"Naaa, sehen Sie!" meint der Pfoertner, der uebrigens Schulze heisst, gemuetlich.
"Da haben Sie ja Glueck gehabt, dass Sie gleich bei mir gelandet sind. Da muessen wir die freundlichen Kollegen von der Hotline ja gar nicht erst bemuehen ..."

Copyright Florian Schiel 2006

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