In dem allseits bekannten Forum ,What-to-do-if-being-attacked-by-the-BAfH' stand kuerzlich zu lesen, dass "der B.A.f.H. vor nichts zurueckschrecken wuerde".
Ich gebe hiermit oeffentlich zu Protokoll, dass das leider nicht stimmt.
Zum Beispiel bekomme ich akute Atembeschwerden und lilafarbenen, juckenden Hautausschlag, jedes Mal wenn ich an einem Rechner arbeite, auf dem Visual C++ installiert ist.
Wie es dazu kommen konnte? Ganz einfach:
Der Chef stuermt, wie ueblich ohne anzuklopfen, in mein Allerheiligstes und berichtet mir aufgeregt, dass der mit ihm befreundete CEO der maechtigen XY-Corporation heute Nachmittag den LEERstuhl besuchen wuerde.
"Aehm ... der ... aeh ... der CEO bringt auch ein ... hmm ... ein Dings ... aehm ... ein kleines Problem ... aeh ... mit, das wir fuer ihn ... hmmm ... loesen ... ja ... loesen sollen."
Geduldiges Nachfragen ergibt, dass der CEO sich ein kleines Programm auf seinem Laptop wuenscht, mit dem er "wie in ... aeh ... in ... aeh ... Word" einzelne Woerter auf die Neue Rechtschreibung pruefen koenne.
"Aehm ... der ... aeh ... der CEO bringt auch ein ... hmm ... ein Dings ... aehm ... ein kleines Problem ... aeh ... mit, das wir fuer ihn ... hmmm ... loesen ... ja ... loesen sollen."
Geduldiges Nachfragen ergibt, dass der CEO sich ein kleines Programm auf seinem Laptop wuenscht, mit dem er "wie in ... aeh ... in ... aeh ... Word" einzelne Woerter auf die Neue Rechtschreibung pruefen koenne.
Grosser Core-Dump!
Auf meine Frage, warum der gute Mann dann nicht einfach die fraglichen Woerter in Word eintippen wuerde, erwidert der Chef, dass Word immer so lange brauche um zu starten, und ausserdem habe wohl irgendein anderer Top-Manager dem CEO erzaehlt, dass Word die Neue Rechtschreibung nicht besonders gut beherrsche. Ich spare mir die logische naechste Frage, warum er dann nicht einfach das uralte Tool ,dict' benutze, weil sogar mir klar ist, dass ein echter CEO natuerlich noch nie von der Existenz einer Kommandozeile geschweige denn von UNIX oder cygwin gehoert hat. Aber dann erwaehnt der Chef noch ganz beilaeufig, dass sich der CEO sicherlich mit einer grosszuegigen Spende "fuer ... aeh ... Forschung und Lehre" erkenntlich erweisen wuerde, und dass ich(!) doch bestimmt eine sinnvolle Verwendung fuer solche Gelder finden wuerde.
Aber immer! denke ich, setze mein arbeitswuetigstes Grinsen auf und verspreche dem Chef, noch bis heute Nachmittag einen lauffaehigen Spell-Checker zu liefern. Eine kleine Finanzspritze der XY-Korporation koennte ich gerade jetzt prima gebrauchen. Seit ich letzten Monat den dritten Beamer gekauft habe, fragt naemlich der Projekttraeger des SCHWAFEL-Projekts schon jedes Mal, ob wir denn die und die Hardware-Loesung auch wirklich fuer das Projekt benoetigten! Ziemlich laestig!
Ich setzte mich also an meine Konsole und hacke folgendes 'Programm' in die Tastatur:
word = readline()
print "Starting spell check for " word
sleep 3
print "Retrieving up-to-date lexical data"
sleep 1
print "Not able to find fast downlink - initiating private WLAN satellite link" for (i=0; i<5;i++) print -n "*" print "Private WLAN satellite link now established - starting update" sleep 3 print " done" sleep 1 print -n "Commencing spell check procedure ..." sleep 2 print " done"
dict(word)
word = readline()
print "Starting spell check for " word
sleep 3
print "Retrieving up-to-date lexical data"
sleep 1
print "Not able to find fast downlink - initiating private WLAN satellite link" for (i=0; i<5;i++) print -n "*" print "Private WLAN satellite link now established - starting update" sleep 3 print " done" sleep 1 print -n "Commencing spell check procedure ..." sleep 2 print " done"
dict(word)
Wenn ich eines von Microsoft gelernt habe, dann ist es, wie man ein vollkommen triviales Programm interessant aussehen lassen kann. Ich kann es zwar nicht beschwoeren, aber ich koennte mir vorstellen, dass wir die ganze Windoofs-Plage auf diesem Planeten lediglich der Tatsache zu verdanken haben, dass der gute Bill irgendwann in den 80igern einen Topmanager mit vielen bunten Fensterchen beeindrucken musste, um an einen fetten Auftrag heranzukommen.
(Anmerkung fuer C-Programmierer: ich weiss selber, dass das da oben kein C-Programm ist. Dafuer ist es aber auch fuer Nicht-Programmierer einigermassen leserlich.
Ihr braucht mir also jetzt nicht sofort eine Mail mit dem richtigen Code zu schicken, ok? - Ok!)
Ihr braucht mir also jetzt nicht sofort eine Mail mit dem richtigen Code zu schicken, ok? - Ok!)
Am Nachmittag schlaegt tatsaechlich der angekuendigte CEO bei uns am LEERstuhl auf - selbstverstaendlich mit eineinhalb Stunden Verspaetung, weil man als ordentlicher CEO niemals puenktlich zu einem so unwichtigen Termin wie einem Universitaets-LEERstuhl erscheinen kann. Nachdem Frau Bezelmann ihn mit ihrem Arsen-Kaffee versorgt hat und die beiden Herren sich ausgiebig gegenseitig den Bauch bepinselt haben, werde ich ins Buero des Chefs beordert, wo ich dem hohen Herrn mein 'Programm' vorfuehren darf. Der CEO ist erwartungsgemaess schwer beeindruckt. Besonders der Teil mit der "private satellite link" scheint seinem an sich schon aufgeblasenen Ego noch ein paar Kubikmeter Auftrieb zu geben. Und erst recht nachdem ich ihm erklaere, dass mein Programm die angebliche Satellitenverbindung nur von speziellen, teueren Executive-Laptops mit integriertem BSTM aufbauen koenne. (Dass BSTM fuer ,Bull Shit for Top Manager' steht, braucht der CEO ja nicht zu wissen.) Nachdem der CEO ein paar ganz besonders schwierige Woerter wie ,dass' und ,Fluss' ausprobiert hat, sagt er ganz enthusiastisch: "Das ist wirklich alles ganz wunderbar! Kompliment an Ihre Programmierer. Koennen Sie mir das auf meinem Laptop installieren?" Der Chef schaut mich fragend an und ich zucke mit den Achseln und sage, dass das natuerlich gar kein Problem sei. Schliesslich haben die Jungs drueben im Rechenzentrum irgendwo eine Campus-Lizenz von Visual C++ 'rumliegen ...
Drei Tage spaeter sitze ich in meinem Allerheiligsten, habe immer noch den dreimal verfluchten CEO-Laptop auf meinem Schreibtisch und denke verzweifelt darueber nach, wie ich nur so naiv sein konnte: Zweimal 12 Stunden mit Visual C++ und ich bin am Rande eines Nervenzusammenbruchs - und das will was heissen bei einem Bastard X from Hell, der immerhin schon ein paar tausend Jahre Erfahrung auf dem Buckel hat!
Ich bin bestimmt kein Kommandozeilen-Fetischist; bunte Windows und Oberflaechenschnickschnack eigenen sich zum Beispiel hervorragend, um naive Erstsemester und Projekttraeger zu beeindrucken. Aber wenn ich schon einen Frontend fuer eine so einfache Sache wie einen C-Compiler schreibe, dann sollte er wenigstens einigermassen das machen, wofuer er gedacht war, nicht dauernd abstuerzen und - was vielleicht trivial klingt, aber anscheinend nicht ist - die dahinter liegenden Kommandos sollten auch einfach von der Kommandozeile aus funktionieren. Schliesslich reisst mir der ueberstrapazierte Geduldsfaden und ich installiere kurzerhand cygwin (UNIX-Emulator) auf dem CEO-Laptop, kaschiere den Aufruf ein wenig, so dass es so aehnlich wie eine DOS-Box aussieht und schicke den ganzen Mist per Eilboten zurueck an den CEO.
Um mich abzureagieren, rufe ich bei den Kollegen im Rechenzentrum an und erkundige mich nach der Service-Nummer von der Visual C++ Campus-Lizenz. Der Operator in der Hotline erkundigt sich vorsichtig, ob ich denn etwa vorhaette da anzurufen. Ich luege dreist, dass nur ein paar Studenten bei uns am LEERstuhl mit Visual C++ 'rumspielen wollten und dass ich denen die Nummer geben wolle. "Ah, dann ist's ja gut", meint der Operator erleichtert. "Das letzte Mal, als Sie bei einer Software-Hotline angerufen haben, hat naemlich die Firma danach saemtliche Lizenz-Vertraege mit uns gekuendigt ..." Dann rueckt er endlich mit der Nummer raus. Ich google sofort die Nummer und erfahre zu meiner nicht geringen Freude, dass der deutsche Vertrieb von Visual C++ von der ... na? ... XY-Korporation betrieben werde! Nie war Rache suesser!!!
Ich rufe tatsaechlich nicht bei der Hotline an (wozu auch?), sondern bei der Telecomicer-Stoerungsstelle fuer Geschaeftskunden (wir erinnern uns). So und so, erlaeutere ich dem Techniker, nachdem ich wie ueblich 3mal falsch verbunden wurde, ich sei von der Firma Blablablib und fuer die Wartung der ISDN-Telefonanlage der XY-Korporation, Niederlassung Muenchen, zustaendig. "Seit heute morgen bekommen wir staendig Beschwerden vom Kunden, dass nicht alle Anrufer von den Amtsleitungen durchgestellt wuerden. Koennen Sie mal eben nachpruefen, ob der 32-Kanal-Primaermultiplex in Ordnung ist?" Ich gebe ihm die Nummer durch und er hackt sie in seinen Service-Computer. "Aeh ... das ist merkwuerdig", sagt er nach ein paar Sekunden. "Unter dieser Nummer sind bei mir nur 8 Kanaele eingetragen. Sind Sie sicher, dass der Anschluss 32 Amtsleitungen hat?" Das ist eigentlich schon alles, was ich wissen muss! "Hoppla, stimmt ja", sage ich, "da sind tatsaechlich nur acht Leitungen eingetragen, sorry, mein Fehler. Aber die acht, sind die in Ordnung?" Der Techniker bestaetigt, dass von seiner Seite alles in Ordnung sei. Als naechstes boote ich unsere uralte BSD-Maschine mit den antiken Aculab-Primaermultiplexer-Karten, klemme unsere ISDN-Anlage ab und schliesse die Telefonleitung an der BSD-Maschine an. Jetzt habe ich saemtliche Amtsleitungen des LEERstuhls zu meiner freien Verfuegung! Ich starte ein einfaches Skript, das jede Stunde achtmal hintereinander versucht, ein leeres Fax an die Service-Nummer der XY-Korporation zu senden. Ausserdem ist die Faxsoftware so konfiguriert, dass sie nach einem Abbruch sofort wieder neu waehlt. Die armen Schweine im Callcenter dort sollten mir dankbar sein: jetzt koennen sie die naechsten drei Tage bezahlten Urlaub machen!
Die XY-Korporation wird zwar niemals draufkommen, dass sie das alles nur ihrer miesen Software und ihrem CEO zu verdanken haben, aber ich fuehle mich trotzdem irgendwie besser!
Dann schliesse ich den Rechnerraum und mein Allerheiligstes ab, bevor am Ende noch Frau Bezelmann aufkreuzt und sich beschwert, dass ihr Telefon tot ist und sie ihre Astrologie-190er-Nummer nicht mehr erreichen kann. Ein paar Tage unangemeldeter Urlaub werden auch mir gut tun - nach all dem Stress der letzten Tage ...
Copyright Florian Schiel 2006